Lufthansa-Chef Spohr wehrt sich gegen zu grossen Staatseinfluss
In den Verhandlungen über staatliche Hilfen für die Lufthansa wehrt sich Konzernchef Carsten Spohr gegen einen zu grossen Einfluss der Politik auf sein Unternehmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Verhandlungen über Unterstützung der Airline dauern an .
«Wenn die Bundesrepublik zu grosse Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise auch die Schweiz, Belgien, Bayern oder Hessen», sagt Spohr der Wochenzeitung «Die Zeit».«So können Sie einen Konzern nur sehr schwer steuern.»
Der Luftverkehr sei immer politisch gewesen, aber «es darf nie eine politisch verordnete Frage werden, ob wir von München oder von Zürich aus nach Osaka fliegen», sagte Spohr weiter. Das sei eine zentrale Frage für die Zukunft des Unternehmens.
Die wegen der Corona-Krise schwer angeschlagene Airline verhandelt derzeit mit mehreren Staaten über mögliche Unterstützung. Der Bund will die Lufthansa Medienberichten zufolge mit neun Milliarden Euro in Form einer Kapitalerhöhung und von Krediten unterstützen. Zudem solle der Bund ein oder zwei Posten im Aufsichtsrat besetzen, sodass er dann Aktionär mit Stimmrechten wäre. Dies möchte der Konzern offenbar nicht.
Eine Alternative wäre ein insolvenzähnliches Schutzschirmverfahren: Das Unternehmen würde unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt und könnte unter dem bisherigen Management die Sanierung angehen. «Wir prüfen alle Optionen», war am Dienstag aus dem Unternehmen zu hören. Die Verhandlungen mit der Regierung dauerten demnach an.
Die Lufthansa ist durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten. Allein im ersten Quartal summierte sich der operative Verlust auf mehr als eine Milliarde Euro, für das zweite Quartal rechnet der Konzern noch mit einem «erheblich höheren» Verlust.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mahnte am Dienstag, die derzeitige Diskussion um den staatlichen Einstieg bei einzelnen Unternehmen drohe die Unternehmen abzuschrecken. «Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF hat die Aufgabe, Unternehmen zu helfen, die wegen der Corona-Pandemie unverschuldet in Not geraten sind. Es ist kontraproduktiv, WSF-Verhandlungen mit weitergehenden politischen Zielen zu überfrachten», erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Wer auf den Fonds zugreifen wolle, «sollte dies tun, ohne politische Einmischung in sein operatives Geschäft befürchten zu müssen». Der Staat habe den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten und für seine Aktivität stets das geringstmögliche Mittel zu wählen. «Risiken entstehen, wenn der Staat aktiv in die Unternehmenspolitik oder die Unternehmensstrategie eingreift», erklärte Lang.
Linken-Chefin Katja Kipping dagegen forderte, die Bundesregierung dürfe nun «auf keinen Fall bedingungslos Staatsknete an einen Konzern wie Lufthansa abführen». Vielmehr müsse der Staat eine aktive Rolle einnehmen und nicht allein Liquidität durch stille Beteiligungen garantieren. «Es geht jetzt um Steuerung, und zwar im Sinne der Beschäftigten, der Mitbestimmung und des sozial-ökologischen Umbaus.»
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, erklärte, der Staat müsse sich bei einer «aktiven Beteiligung an einem Unternehmen» auch «aktiv in das Unternehmen einbringen». Stille Beteiligungen oder ähnliche Instrumente ohne Mitspracherechte «lehnen wir ab». Kindler forderte, der Bund müsse «aktiv an der Unternehmensausrichtung für die Erreichung der Klimaneutralität mitarbeiten».
Auch die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) erklärte, der Bund müsse bei einer Unterstützung der Lufthansa die Arbeitnehmer schützen. Durch schnelle Staatshilfen ohne Bedingungen drohe «auf lange Sicht die Manifestierung eines Ungleichgewichts zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern».