Europäischer Gerichtshof kippt deutsche Pkw-Maut
Das Wichtigste in Kürze
- EuGH sieht in Plänen Diskriminierung ausländischer Autofahrer.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte am Dienstag das umstrittene Vorhaben. Die geplante Abgabe verstosse gegen EU-Recht, weil ausländische Autofahrer diskriminiert würden, hiess es zur Begründung. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) räumte ein, dass die Maut in ihrer jetzigen Form «vom Tisch» sei. Es wird aber weiter diskutiert, ob die Nutzung von Autobahnen Geld kosten soll. (Az. C-591/17)
Die Luxemburger Richter werteten die Mautpläne als Diskriminierung ausländischer Autofahrer, weil deutsche Fahrzeughalter bei Einführung der Maut bei der Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Für deutsche Fahrzeughalter würde die Maut «vollständig kompensiert». Dadurch liege die «wirtschaftliche Last dieser Abgabe tatsächlich allein auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedsstaaten zugelassenen Fahrzeugen».
Der EuGH stellte zudem Verstösse gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU fest. Die geplanten Massnahmen seien geeignet, den Zugang von Waren aus anderen Mitgliedstaaten auf den deutschen Markt zu behindern. Bei den Dienstleistungen könnten sich die Kosten erhöhen.
Österreich hatte vor dem EuGH in Luxemburg im Jahr 2017 eine Vertragsverletzungsklage erhoben. Die Erfolgsaussichten der Klage galten allerdings zuletzt als gering. Der für das Verfahren zuständige Generalanwalt hatte sich in seinem Schlussantrag im Februar noch dafür ausgesprochen, die Klage Österreichs abzuweisen. In vielen Fällen folgen die EuGH-Richter diesen Entscheidungsvorschlägen.
Die Pkw-Maut sollte nach den Plänen von Bundesverkehrsminister Scheuer eigentlich im Oktober 2020 eingeführt werden. Beschlossen wurde das jetzt geltende Gesetz bereits im Jahr 2017. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit um die Maut, die als Herzensprojekt der CSU gilt.
Scheuer stellte nach dem EuGH-Urteil klar, dass die Entscheidung «zu respektieren und zu akzeptieren» sei. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob hervor, die Regierung habe das Urteil «zur Kenntnis zu nehmen und zu akzeptieren». Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der als einer der grössten Befürworter der Maut gilt, sagte, die Gerichtsurteile müssten akzeptiert werden, das Urteil zur Pkw-Maut verstehe er aber nicht. Es werde seiner Ansicht nach die Zustimmung gegenüber den europäischen Institutionen nicht gerade erhöhen.
Scheuer setzte nach eigenen Angaben eine Arbeitsgruppe ein, um die Folgen der Entscheidung zu bewerten. Er hob dabei hervor, dass das Urteil keine Absage an eine Nutzerfinanzierung der Infrastruktur sei. Diese gebe es auch in vielen anderen EU-Staaten. Tatsächlich werden in zahlreichen EU-Staaten mit unterschiedlichen Modellen Mautgebühren für die Nutzung von Autobahnen erhoben. Bundeskanzlerin Merkel hielt sich in dieser Frage bedeckt: «Der Verkehrsminister wird das analysieren - wir werden sehen, wie wir weiter vorgehen.»
Österreichs Verkehrsminister Andreas Reichhardt zeigte sich erfreut. «Ich gehe davon aus, dass Deutschland dieses EuGH-Urteil respektieren wird», sagte er. Er freue sich sehr über die Entscheidung. Das Urteil sei auch ein «wichtiges Signal für den gemeinsamen Binnenmarkt».
Der ADAC forderte den vollständigen Verzicht auf die Maut. «Für den ADAC war von Beginn an von besonderer Bedeutung, dass kein deutscher Autofahrer durch eine Maut zusätzlich finanziell belastet werden darf», erklärte Vizepräsident Gerhard Hillebrand. Dieses Versprechen habe die Bundesregierung gegeben, «darauf zählen wir jetzt auch».