Labels: Schweizer Tierschutz wehrt sich gegen Kritik von Fleischbranche

Christoph Krummenacher
Christoph Krummenacher

Aarau,

Auf die Bewertung der verschiedenen Fleischlabels folgte postwendend die Kritik der Fleischbranche. Jetzt wehrt sich der Tierschutz – und gibt teils nach.

schwein Tierschutz
Schweizer Schweinefleisch wird nicht immer so idyllisch produziert wie bei diesen Freiland-Schweinen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Konventionelles Schweizer Fleisch ist gleich schlecht produziert wie EU-Fleisch.
  • So kategorisierte der Schweizer Tierschutz Fleischlabels und erntete dafür Kritik.
  • Jetzt erklärt er, wie das Rating zustande kam und korrigiert nach.

Rindfleisch aus der EU stammt aus zweifelhafter Produktion: Keine Minimalflächen für die Tiere, kein Einstreu vorgeschrieben, extreme Zucht erlaubt, Transportdauer von mehr als einem Tag, Schlachten ohne Betäubung erlaubt.

In der Schweiz sind die Tierschutzgesetze strenger. Trotzdem führt der neue Label-Führer des Schweizer Tierschutzes STS Schweizer Rindfleisch und EU-Rindfleisch unter dem schlechtesten Kategorie «No Go» auf.

Der Schweizer Fleischverband Proviande empörte sich: «Die Schweizer Gesetzgebung stellt hohe Anforderungen an den Tierschutz und diese werden auch kontrolliert. Das als ‹No Go› zu bezeichnen, ist für uns unhaltbar und unseriös.»

fleisch schweiz label
Alle Fleisch-Labels sind auf der Webseite aufgeführt und kategorisiert. - Screenshot essenmitherz.ch

Schweizer Tierschutz: Punktzahl ist entscheidender

Jetzt hat der Schweizer Tierschutz reagiert. Die auf essenmitherz.ch aufgeführten Labels wurden nachjustiert, wie Cesare Sciarra erklärt. Denn: «Grundsätzlich ist Schweizer Fleisch, auch wenn nur nach den gesetzlichen Minimalstandards gehalten, tatsächlich ‹besser› als solches aus dem Ausland», so der Leiter Kompetenzzentrum Nutztiere beim STS.

sts sciarra
Cesare Sciarra vom Schweizer Tierschutz. - zvg

Das sehe man der Punktzahl, welche anzeigen, wie weit das jeweilige Label von der Idealvorstellung entfernt ist. Die Kategorisierung sei lediglich aufgrund der Einteilung in vier gleiche Teile erfolgt.

«Das Kalbfleisch und das Schweinefleisch aus der Schweiz waren demnach knapp im ‹UNCOOL›-Bereich, das Rindfleisch knapp im ‹NO GO›-Bereich», so Sciarra. Nach vielen Rückmeldungen habe der STS nun entschieden, die Grenze um einen Punkt zu senken. Dank der Anpassung landet das Schweizer Rindfleisch jetzt im Bereich «UNCOOL».

fleisch label
Vergleich der Labels für Rind- und Schweinefleisch, geordnet nach Punkten und Kategorie. - STS/Nau

Konsumenten haben falsche Vorstellung

Bei der Bewertung fliessen Kriterien wie Qualität der Kontrollen, Medikamenteneinsatz, Platz im Stall, Zuchtvorschriften oder Bedingungen bei der Schlachtung ein. So gibt es in der Schweiz etwa Verbote zum Anbinden oder zum Kastrieren oder Enthornen ohne Betäubung, es werden teils grössere Flächen pro Tier oder mehr Tageslicht verlangt, so Sciarra.

«Dennoch: Die konventionelle ‹Fleischerzeugung› in der Schweiz – also alles, was nicht nach Labelvorschriften oder zumindest den Direktzahlungsprogrammen des Bundes gehalten wird – ist recht weit entfernt von dem, was sich Konsumenten unter einer tiergerechten Haltung vorstellen.»

fleisch migros
Eine Fleischtheke in der Migros. - Keystone

Für Sciarra machen aber die vielen Schweizer Bauern den Unterschied zum Ausland aus, die Labelkonforme Tierhaltungen betreiben. «Die haben aber häufig zu wenig Absatz oder ungenügende Preise für ihre Tiere», so der Nutztierexperte.

Denn Konsumenten würden zu wenig danach fragen, weil sie meinen, die Tierhaltungsvorschriften bei Fleisch aus der Schweiz seien immer gleich gut. «Das stimmt nun leider wirklich nicht.»

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