Macht die Post ihre Filialen absichtlich unattraktiv?

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Bern,

Zwei Poststellen im Raum Bern haben weniger lang geöffnet. Die Gewerkschaft spricht von einer «kalten» Poststellenschliessung. Der gelbe Riese wehrt sich.

Poststelle
Stimmt die Kundenfrequenz nicht, werden die Öffnungszeigen von Poststellen angepasst. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Je nach Kundenfrequenz kürzt die Post die Öffnungszeiten der Poststellen.
  • Mit Agenturen oder Automaten haben Kunden heute mehr «Zugangspunkte» denn je.

Ein Zettel an der Eingangstür der Poststelle in Liebefeld BE macht auf die Änderung aufmerksam: Neu hat die Filiale nicht mehr ab 7.30 Uhr, sondern ab 8 Uhr geöffnet. Mittags ist zu, abends werden die Türen um 18 Uhr geschlossen – wie bis anhin.

Die Postfiliale hat also weniger lang geöffnet. Kein Einzelfall. Im Rahmen der Modernisierung der Poststelle in der Berner Länggasse wurden die Öffnungszeiten morgens ebenfalls um eine halbe Stunde gekürzt. Und am Nachmittag öffnet die Filiale ihre Türen eine Viertelstunde später.

Keine Ausnahme

Gemäss der Gewerkschaft Syndicom handelt es sich nicht nur um ein Phänomen der Region Bern. Sprecher David Roth beobachtet dies schon sehr lange.

«Die Öffnungszeiten werden reduziert und die Kundenfrequenz nimmt ab.» Dann habe der Konzern einen Grund, die Poststelle zu schliessen. «Eigentlich ist das eine ‹kalte› Poststellenschliessung», sagt Roth.

Ein Blick auf die Schweiz zeigt: Es gibt keine einheitlichen Öffnungszeiten. Manche Filialen öffnen um 7.30 Uhr, andere erst um 9 Uhr.

Die Post passt Öffnungszeiten den Kundenfrequenzen an

«Die Öffnungszeiten richten sich nach den Frequenzen der Kunden und nach den umliegenden weiteren Poststellen», erklärt Post-Sprecher Oliver Flüeler. Wann eine Filiale geöffnet hat, werde vor Ort entschieden. Klar ist: Heute ist die Kundenfrequenz vielerorts tiefer. «Wir wollen dann für die Kunden da sein, wenn sie die Filiale auch wirklich nutzen.»

Den Vorwurf, dass die Post ihre Filialen bewusst unattraktiv mache, lässt Flüeler nicht gelten. «Das ist ein absurder Vorwurf. Wir haben das Postnetz völlig verändert, weil die immer mobileren und digital-affinen Kunden heute ganz andere Gewohnheiten haben.» So werden immer weniger Briefe geschrieben und Rechnungen vermehrt Online bezahlt.

Heute gibt es etwa Paketautomaten, Päckli-Depots oder Einzahlungs-Automaten in den Filialen. «Damit eilige Kunden ohne Anstehen die Sache selbständig erledigen können», erklärt der Post-Sprecher.

Weniger Poststellen, mehr Zugangspunkte

Bis im Jahr gab es rund 3500 Poststellen in der Schweiz, aktuell sind es noch 1000. Und der gelbe Riese will weiter umbauen. Das Filialnetz dürfte Ende 2020 noch zwischen 800 und 900 Poststellen umfassen.

Doch während die traditionellen Filialen verschwinden, baut die Post bei den Partnerbetrieben aus. Aktuell gibt es davon rund 1100 solcher Betriebe.

«Die Post baut bis 2020 die 3800 physischen Zugangspunkte zu Postdienstleistungen auf über 4200 aus», sagt Flüeler. Neben den selbst betriebenen Poststellen sind dies unter anderem Partner-Agenturen, Haus-Service, Aufgabe- und Abholstellen in den Migros-Filialen oder Paket-Automaten.

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