Gerade mal knapp 16 Prozent des Plastikmülls werden in Deutschland für neue Produkte wiederverwendet.
Tote Fische und Plastikmüll im Senegal
Tote Fische und Plastikmüll im Senegal - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • BUND und Böll-Stiftung veröffentlichen «Plastikatlas».
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Der Rest landet in Verbrennungsöfen oder wird ins Ausland verschifft, wie aus dem «Plastikatlas» hervorgeht, den der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung am Donnerstag vorstellten.

Zwar seien die offiziellen Recyclingquoten in Deutschland relativ hoch, sie lagen 2016 bei 45 Prozent. Diese täuschten jedoch darüber hinweg, dass sie sich lediglich auf die Anlieferung bei einem Recyclingunternehmen, nicht aber auf den wirklich recycelten «Output» bezögen. Werde hingegen die Gesamtmenge der anfallenden gebrauchten Kunststoffprodukte als Grundlage betrachtet, würden in Deutschland nur etwa 15,6 Prozent zu Rezyclat verarbeitet.

Der Atlas sammelt Fakten über die Umweltschädlichkeit von Plastik. Demnach wurden zwischen den Jahren 1950 und 2015 weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert. Das entspricht mehr als einer Tonne pro Mensch, der heute auf der Erde lebt. Den allergrössten Teil machen Einwegprodukte und Verpackungen aus. Und der Berg wächst: Allein der Getränkehersteller Coca-Cola verbraucht dem Atlas zufolge jährlich 88 Milliarden Einwegflaschen - aneinandergereiht reiche das 31 Mal zum Mond und zurück.

Kunststoffmüll schadet nicht nur Tieren und Pflanzen, sondern auch dem Klima. Der Atlas zitiert eine Hochrechnung des Zentrums für Internationales Umweltrecht, wonach die Produktion von Kunststoffen bis 2050 bei den derzeitigen und prognostizierten Wachstumsraten einen Ausstoss von 52,5 Gigatonnen Kohlendioxid verursachen könnte. Kunststoffe allein könnten somit zwischen zehn und 13 Prozent des gesamten Kohlenstoffbudgets verbrauchen, das die Weltbevölkerung einhalten muss, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Nicht einmal zehn Prozent des jemals produzierten Kunststoffes sind laut dem Atlas recycelt worden. Das liege unter anderem daran, dass sich die Verarbeitung vieler Kunststoffe zu Rezyklat zum Wiederverwenden nicht lohne. Hersteller nutzten für ihre Produkte lieber neuwertigen Kunststoff als Rezyclat, das häufig nicht so rein sei. Der niedrige Preis für Neukunststoff und das teure Sortieren und Aufarbeiten von gebrauchtem Kunststoff habe in Europa dazu geführt, dass ein Grossteil des Plastikmülls nach Übersee verschifft werde.

Der weltweit drittgrösste Exporteur von Plastikmüll ist - nach den USA und Japan - die Bundesrepublik. Nachdem allerdings der bisher grösste Abnehmer China vergangenes Jahr einen Exportstop verhängt hatte und Nachfolger Malaysia auch die Müllmengen deutlich reduzieren will, drohen die grossen Plastikverbraucher auf ihrem Abfall sitzen zu bleiben.

Auch sogenannte Bio-Kunststoffe sind laut dem Atlas keine Lösung, weil die dafür benötigten Pflanzen unter schlechten Umweltbedingungen angebaut werden. Auch seien viele dieser Kunststoffe nicht wirklich biologisch abbaubar, sondern verrotten nur in speziellen Anlagen, die nicht wirtschaftlich seien.

So führt den Umweltschützer zufolge kein Weg daran vorbei, die Produktion von Einwegplastik deutlich zu drosseln. Initiativen wie die Kunststoffstrategie der EU-Kommission seien ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Strategie sieht unter anderem vor, dass bis 2030 alle Kunststoffverpackungen recycelbar sind. Das Verbot bestimmter Einwegplastikprodukte wie Trinkhalme oder Kunststoffbesteck sowie eine Rezyklatquote sind mittlerweile von den Mitgliedstaaten beschlossen.

Der Atlas betont jedoch auch, dass es sich um ein globales Problem handelt, dass durch staatliche Regulierung weltweit angegangen werden müsse.

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