TCS und ACS sind sich beim CO2-Gesetz nicht einig
Das CO2-Gesetz spaltet die Autofahrer-Vertreter. Während der ACS sich klar dagegen stellt, spricht sich der TCS für das Gesetz aus – trotz Benzinpreiserhöhung.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 13. Juni stimmt das Schweizer Stimmvolk über das CO2-Gesetz ab.
- Bei einer Annahme dürften Benzin und Diesel teurer werden.
Diese Woche hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Abstimmungskampf für das CO2-Gesetz eröffnet. «Netto Null ist machbar, bezahlbar und eine grosse Chance», findet die Umweltministerin.
Sie ist damit nicht allein. Das Gesetz wird von allen grossen Parteien gestützt. Einzig die SVP ist geschlossen dagegen.
Das Referendum ergriffen hat ein Wirtschaftskomitee. Hierzu gehören neben Öl-Importeuren und Kaminfegern auch Vertreter der Autobranche. Etwa die Importeuren-Verbände Auto Schweiz und der Verband freier Autohandel Schweiz.
ACS kritisiert Ungleichbehandlung
Das Referendum mitgetragen wird auch vom Automobil Club Schweiz (ACS), der die Interessen von Autofahrer vertritt. Zentralpräsident Thomas Hurter sagt: «Das Gesetz ist ungerecht, weil es die Land- und Stadtbevölkerung ungleich behandelt sowie alle, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind.»
Der SVP-Nationalrat hält das Gesetz aber auch für wirtschaftsfeindlich. «Weil es den KMU, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind, Mehrkosten verursacht.»
Mit dem CO2-Gesetz kann der Benzinpreis um maximal 12 Rappen erhöht werden. Damit soll ein Teil der Treibhausgase kompensiert werden.
Sprit bald 16 Rappen teurer?
Hurter befürchtet, dass wegen Unterdeckung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds auf den Liter Sprit zusätzlich bald noch vier Rappen aufgeschlagen werden. «Somit kommen 16 Rappen zu den 85 Rappen an Steuer und Abgaben, die wir bereits heute bezahlen.»
Der ACS-Zentralpräsident sieht die Lösung des Klima-Problems vielmehr im technologischen Fortschritt. Er weist darauf hin, dass letztes Jahr fast 30 Prozent der Neuwagen über einen alternativen Antrieb verfügten. «Die Bevölkerung braucht keine politische Geldumverteilung, sondern Innovation.»
Der ACS vertritt rund 100'000 Autofahrer. Mit 1,5 Millionen Mitgliedern ist der TCS allerdings der grösste Mobilitätsclub der Schweiz. Dieser steht hinter dem Gesetz.
TCS findet CO2-Gesetz akzeptabel
Bereits vergangenen Herbst hat sich der TCS dafür ausgesprochen. Der Entscheid werde intern sehr breit gestützt, sagt Sprecherin Sarah Wahlen. Denn: «Die Mobilität ist die Hauptquelle der Treibhausgasemissionen. Daher sind Anstrengungen zur Reduktion voranzutreiben.»
Das CO2-Gesetz enthalte weder Massnahmen, die den Zugang zur Mobilität einschränken, noch verbiete es eine Antriebsart oder Technologie. «Das Gesetz ist ein akzeptabler Kompromiss.»
Wahlen argumentiert, dass bereits das heute geltende Gesetz einen maximalen Aufschlag von 5 Rappen für Kompensationszahlungen auf den Benzinpreis vorsehe. «Davon werden derzeit 2 Rappen ausgeschöpft. Mit der neuen Obergrenze von 12 Rappen wird der Maximalaufschlag also um 7 Rappen erhöht.»
100 Franken Mehrkosten pro Autofahrer
Das Gesetz treibe die ökologische Transformation des Individualverkehrs an, glaubt Wahlen. «Noch ist der Umstieg auf die E-Mobilität nicht für alle möglich. Es braucht Anreize und mehr Ladeinfrastruktur.»
Doch wie stark würde eine Benzinpreis-Erhöhung den Autofahrer treffen? Der TCS rechnet mit durchschnittlich rund 100 Franken Zusatzkosten für Autofahrer. Fakt ist: Der PKW-Besitzer wäre von einer Preiserhöhung heute weniger betroffen als vor ein paar Jahren.
Denn Autos werden immer sparsamer. Gemäss dem Bund lag vor zwei Jahren der Durchschnittsverbrauch eines Neuwagens bei 6,2 Litern Benzin. Elf Jahre zuvor war es noch ein Liter mehr. Mit dem Boom der Plug-in-Hybride dürfte der Benzinverbrauch weiter sinken.
Zudem wäre aktuell der Spritpreis selbst mit einem zusätzlichen CO2-Aufschlag deutlich tiefer als früher. Ende Februar kostete der Liter Bleifrei im Schnitt 1,51 Franken. Vor zehn Jahren waren es noch über 20 Rappen mehr.
Selbst wenn das CO2-Gesetz angenommen würde, hätten die Gegner noch einen Trumpf im Ärmel. Aktuell wird die Mehrwertsteuer auf den ganzen Benzinpreis erhoben, obwohl rund die Hälfte davon staatliche Abgaben und Zuschläge ausmachen.
SVP-Nationalrat Franz Grütter verlangt in einem Vorstoss, dass die Steuer nur auf den reinen Treibstoff erhoben wird. In der Konsequenz würde der Benzinpreis um 7 Rappen sinken. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hat dafür bereits grünes Licht gegeben.