Verschiedene Unternehmen erwägen Börsengang
Nach zwei eher schwachen Jahren stehen die Zeichen nicht schlecht für ein gutes Schweizer IPO-Jahr 2022. In die Quere kommen könnten aber Unsicherheiten wegen der Pandemie, und auch ansonsten muss das Marktumfeld für einen Börsengang stimmen. Und die Konkurrenz in Form von ausländischen Handelsplätzen schläft nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Im kommenden Jahr könnte es laut Experten rund ein halbes Dutzend Unternehmen an die Schweizer Börse ziehen.
Viele stehen bereit für ein so genanntes Initial Public Offering (IPO). «Nebst klassischen IPOs dürfte es auch ein bis zwei Spin-offs geben», sagt Andreas Neumann, Leiter Aktienkapitalmarkt bei der Zürcher Kantonalbank zur Nachrichtenagentur AWP. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass 2022 einige der Unternehmen an die Börse kämen, die 2021 abgeblasen hatten.
Die Spannbreite bezüglich Grösse reiche von «Small Caps» bis zu einem Milliarden-Konzern, sagt Neumann. «Zu erwarten sind vor allem mehrere Gesellschaften aus dem Healthcare-Segment sowie Industrieunternehmen.»
Bereits bekannt ist, dass der Industriekonzern ABB für seinen Bereich E-Mobilität einen Börsengang in der Schweiz plant. Läuft alles gut, sollte dieser noch im ersten Halbjahr 2022 über die Bühne gehen. Zudem soll laut Management auch «bald» entschieden werden, ob die Division «Turbocharging» verkauft oder über ein Spin-off an die Aktionäre gegeben werden soll.
Im neuen Jahr will ausserdem der Pharmakonzern Novartis entscheiden, was mit seiner Generika-Tochter Sandoz passiert. Auch ein IPO ist möglich. Es wäre wohl eine noch grössere Transaktion als die Abspaltung der Augenheilsparte Alcon, welche Novartis 2019 mit einer Marktkapitalisierung von knapp 27 Milliarden Franken an die Börse gebracht hatte.
Weitere Unternehmen, die einen IPO als Option erachten, sind nach eigenen Aussagen der Westschweizer Hautpflegekonzern Galderma, der früher zum Lebensmittekonzern Nestlé gehörte, und die in der Elektro-Mobilität tätige Brusa. Zudem erwägt die im Life Science-Geschäft tätige Xlife Sciences einen Wechsel von der Münchner Börse an die SIX.
Auch für die fusionierte Sunrise UPC ist ein Börsengang in der Schweiz nicht ausgeschlossen. Die Besitzerin Liberty Global würde aber Hauptaktionärin bleiben.
In Medien wurde zudem spekuliert, dass es die deutsche Spezialchemiefirma Cabb im zweiten Quartal 2022 auf das hiesige Börsenparkett ziehen könnte. Das Unternehmen (ursprünglich «Clariant Acetyl Building Blocks») war 2003 vom Baselbieter Spezialchemieunternehmen Clariant abgespalten worden.
Ebenfalls mit einer Kotierung in der Schweiz liebäugelt das niederländische Unternehmen Code Pharma.
Nachdem im Coronajahr 2020 recht Flaute herrschte am hiesigen IPO-Markt, lief es auch in diesem Jahr nicht so gut wie erwartet. Im September war es am Schweizer Aktienmarkt zu einer deutlichen Korrektur gekommen und Unternehmen wie das Telekomunternehmen Salt, die Post-Tochter Swiss Post Solutions und der Luxusuhrenhändler Chronext legten ihre IPO-Pläne auf Eis.
Swiss Post Solutions wurde mittlerweile an einen Privatmarktanleger verkauft. Chronext könnte aber den ursprünglich für Oktober geplanten Börsengang 2022 nachholen. «Wenn es ein geeignetes Marktumfeld gibt, werden wir einen neuen Versuch starten», sagt Chronext-Sprecher Lucas Hermanns.
Unter dem Strich ist ein Rekordjahr 2021 mit bis zu zehn Neuzugängen - wie noch im Sommer für möglich gehalten - ins Wasser gefallen. Letztlich gab es mit Polypeptide, Montana Aerospace, Medmix und Skan aber dennoch vier Neuzugänge an der SIX.
Üblich sind im langjährigen Vergleich etwa fünf Neuzugänge pro Jahr. «Die wichtigsten Zutaten für ein gutes IPO-Umfeld sind gute Aktienmarktbewertungen, positive Wertentwicklungen und eine begrenzte Volatilität respektive begrenzte Risiken und Unsicherheiten», sagt Julian Chan, Sprecher der Börsenbetreiberin SIX.
Alles Faktoren, die sich schnell ändern können beziehungsweise deren Wahrnehmung. Daher ist ein Ausblick für das kommende Jahr schwierig. «Insbesondere führt die Pandemie nach wie vor zu grossen Unsicherheiten und die Inflations- und Zinserwartungen haben sich substanziell geändert», sagt Chan.
Hinzu kommt, dass es mittlerweile auch überhaupt nicht mehr selbstverständlich ist, dass sich Schweizer Unternehmen auch an der Schweizer Börse kotieren lassen. Bereits 2021 wurden dem hiesigen Handelsplatz einige Kandidaten abgejagt.
Prominentes Beispiel ist der Laufschuh-Hersteller On - an dem auch Tennis-Star Roger Federer beteiligt ist - der Mitte September mit grossem medialem Auftritt an der New Yorker Börse startete. Und dieser internationale Wettbewerb bleibt.