Wettbewerbskommission zieht Fälle mit Inlandbezug vor
Die digitalisierte Wirtschaft fordert die Schweizer Wettbewerbskommission heraus. Sie will Fällen mit Bezug zum Inland Vorrang geben.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wettbewerbskommission möchte Fälle mit Inlandbezug vorziehen.
- Die Selektion ist unter anderem wegen der Digital-Wirtschaft eine grosse Herausforderung.
- Neu soll es Unternehmen in der Schweiz erleichtert werden, eine Anzeige zu machen.
Die digitalisierte Wirtschaft birgt für die Wettbewerbshüter neue Herausforderungen. Die Wettbewerbskommission (Weko) zieht die Fälle mit Inlandbezug vor, die für die einheimische Wirtschaft am problematischsten sind.
Die digitalisierte Wirtschaft bringe für Betriebe und auch für Konsumentinnen und Konsumenten Chancen und Risiken. Dies schreibt die Weko in ihrem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht. «Die Fallselektion ist eine ziemlich grosse Herausforderung», sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey vor den Medien.
Im Bericht mahnt die Weko zum Handeln mit Bedacht. Greife man zu rasch ein, könnten neue Möglichkeiten gefährdet und auch die wirtschaftliche Entwicklung gebremst werden. Doch umgekehrt bräuchten neue Sachverhalte zügige Klärung.
Schweiz passt sich EU an
Die bisherige Praxis habe sich bewährt, sagte Ducrey. Verfahren im Ausland – etwa gegen Tech-Giganten – verfolgt die Weko mit. Wenn in der EU ein Entscheid falle, wirke die Weko darauf hin, dass das Verhalten in der Schweiz angepasst werde. Die Weko konzentriere sich auf Fälle mit Inlandbezug.
Die Weko hat seit Anfang Jahr eine neue Aufgabe. Grund sind die am 1. Januar in Kraft getretenen Gesetzesänderungen gegen die Hochpreisinsel Schweiz – der indirekte Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative. Die Weko will bei der Umsetzung eine führende Rolle einnehmen und Leitentscheide erwirken.
Neu steht im Kartellgesetz das Konzept der relativen Marktmacht von Unternehmen. Mit einem Merkblatt und einem Meldeformular will die Weko es betroffenen Unternehmen erleichtern, eine Anzeige zu machen. Verstösse gegen relative Marktmacht werden nicht gebüsst. Die Weko kann ihnen jedoch Handlungs- und Unterlassungspflichten auferlegen.
Dann liegt ein Missbrauch vor
Ein Missbrauch kann bestehen, wenn etwa ein marktmächtiges Unternehmen einer Produzentin grundlos die Lieferung von Bauteilen verweigert. Und sie ist auf diese angewiesen. Oder ein relativ marktmächtiges Unternehmen hindert andere Unternehmen, im In- und Ausland angebotene Waren zu ausländischen Konditionen zu beziehen.
«Wir erwarten zahlreiche Fälle zum Thema», sagte Weko-Präsident Andreas Heinemann an der Medienkonferenz. Der unmittelbare, grosse Ansturm sei allerdings ausgeblieben.
Die Wettbewerbsbehörden führten 2021 in etwa gleich viele Untersuchungen wie in den beiden Vorjahren, nämlich zwanzig. Wie 2020 schloss die Weko auch 2021 leicht unterdurchschnittlich viele Verfahren ab. Im vergangenen Jahr gab es vier Weko-Endentscheide, gegenüber sechs im Jahr 2020 und elf im Jahr 2019.