Berner Regierung kritisiert Bundesrat und beharrt auf härterem Kurs
Der Berner Regierungsrat fährt bei den Corona-Massnahmen einen teils härteren Kurs als der Bundesrat. Für ihn gehen die Massnahmen des Bundes in die richtige Richtung, aber zu wenig weit.
Das erklärten drei Regierungsmitglieder am Mittwoch vor den Medien in Bern. «Der Berner Regierungsrat hätte sich gewünscht, dass der Bundesrat früher und entschlossener vorgegangen wäre», sagte Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP).
Schon vor einer Woche wären einschneidendere Massnahmen fürs ganze Land nötig gewesen, kritisierte Ammann. «Dann müssten wir jetzt nicht der Entwicklung hinterherrennen.»
In einigen Bereichen beharrt der Kanton Bern auf den Massnahmen, die er am vergangenen Freitag beschlossen hatte und die weiter gehen als die nun beschlossenen Bundesvorgaben. So dürfen im Kanton Bern öffentliche Veranstaltungen von maximal 15 Personen besucht werden. Auf Bundesebene sind es 50. Bei den Privatanlässen muss sich der Kanton Bern an die landesweite Grenze von 10 Personen halten.
Weiter bleiben im Kanton Bern öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Museen, Kinos und Konzertlokale bis mindestens 23. November geschlossen. Danach will der Regierungsrat die Lage analysieren.
Gerade im Kulturbereich sei die Berner Bestimmung nur scheinbar schärfer, sagte Ammann. Der Bund erlaube zwar Kulturanlässe mit 50 Personen, doch mit dieser Obergrenze könne kaum eine Kulturinstitution eine rentable Veranstaltung durchführen.
Unklar ist die Lage im Sport- und Fitnessbereich, wie Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) einräumte. Hier sollen die Bundesvorgaben analysiert werden. Bei Bedarf werde der Kanton am Donnerstag eine Präzisierung bekanntgeben.
Wirtschaftsdirektor Ammann betonte, die zweite Welle treffe die gesamte Berner Wirtschaft hart. Das betreffe einzelne Personen und Kleinstfirmen genauso wie grosse Unternehmen, die Kultur und den Profisport.
Der Bund müsse nun rasch die angekündigten Hilfsmassnahmen konkretisieren, damit die Kantone den Vollzug in Angriff nehmen könnten. Es brauche einfache Verfahren und rasche Entscheide, wie dies im Lockdown vom Frühling der Fall gewesen sei.
Namentlich sollte die Verordnung der Härtefallregelung noch in diesem Jahr in Kraft treten. Die Verordnung müsse einheitliche Zusprachekriterien enthalten und das Gesuchsverfahren gegenüber dem Bund regeln, damit eine schweizweit harmonisierte Umsetzung machbar sei.
Im Kulturbereich seien bereits mehr als 1200 Unterstützungsgesuche eingegangen, sagte Kulturdirektorin Christine Häsler (Grüne). Bislang seien 17 Millionen Franken an Unterstützung für Kulturbetriebe gesprochen worden. Hunderte Gesuche seien noch hängig.
Um die entstehenden Schäden abzufedern, werde der Kanton Bern weiterhin mit dem Bund zusammenarbeiten. Ziel sei es, dass Kulturunternehmen auch in der zweiten Welle Einnahmeausfälle geltend machen könnten, die ihnen durch die behördlichen Massnahmen entgangen seien.
Die Hoffnung bleibe, dass der Kanton Bern dank dem schärferen Kurs auch früher wieder Lockerungen beschliessen könne. Die Hoffnung bleibe, dass es im Dezember wieder Konzerte geben werde.
Nicht dabei war an der Medienorientierung vom Mittwoch der bernische Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP). Er leide an einer Erkältung, habe aber an der Regierungssitzung per Skype teilgenommen, sagte Regierungsrat Ammann. Sicherheitshalber habe sich Schnegg zudem am Mittwoch einem Covid-Test unterzogen.