Bezirksgericht Dietikon: Freispruch nach Hundebiss an Hundekurs
Das Bezirksgericht Dietikon hat eine Hundelehrerin vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen: An ihrem Kurs verletzte sich eine Teilnehmerin.
Der Vorfall, den das Bezirksgericht am Donnerstag verhandelte, ereignete sich an einem heissen Sommertag im Juli 2020 an der Limmat. Unbestritten ist dabei, dass eine Teilnehmerin eines Hundekurses zwei Bisswunden an ihrem rechten Oberschenkel davontrug.
Doch wie es dazu kam, darüber gibt es zwei völlig verschiedene Versionen. «Was wirklich geschehen ist, wissen wir nicht», hielt der Richter am Ende in seiner mündlichen Urteilsbegründung fest. Es müsse deshalb unweigerlich ein Freispruch erfolgen.
Sie sei vom angeleinten Rottweiler der Hundetrainerin angegriffen worden, machte das Opfer, eine heute 25-jährige Frau, geltend. Das Tier habe wohl auf ihren jungen, unruhigen Labrador losgehen wollen.
Der Rottweiler habe beim Losstürmen die Lehrerin umgerissen und ein paar Meter mitgeschleift, sagte die Frau. Danach habe sich das Tier derart in ihrem Oberschenkel festgebissen, dass Fleischstücke herumgeflogen seien.
Frau möglichweise vom eigenen Hund gebissen
Die Frau sei wohl von ihrem eigenen Labrador gebissen worden, hielt demgegenüber die Hundetrainerin fest. Sie selber sei zwar tatsächlich gestürzt, räumte sie ein. Sie sei aber einfach beim Vorzeigen einer Übung auf dem unebenen Kiesweg gestolpert. Ihr Hund habe nicht gezogen. Er sei nach ihrem Sturz zwar verdutzt gewesen, aber ruhig neben ihr geblieben.
Der Verteidiger der Hundetrainerin wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass es bei einem Rottweiler-Biss, wie er vom Opfer beschrieben wurde, nicht nur bei zwei Wunden ohne Verletzung des Muskelgewebes geblieben wäre.
Zudem hätten andere Kursteilnehmende davon gesprochen, dass der gut ausgebildete Rottweiler ruhig gewesen sei, während der Labrador nervös und völlig aufgedreht gewesen sei. Die 25-Jährige habe ihn demnach auch nicht im Griff gehabt. Schliesslich habe auch kein Zeuge einen Biss des Rottweilers gesehen.
Letzteres führte der Rechtsanwalt der gebissenen Frau auf ein Komplott zurück: Die anderen Teilnehmenden, alles Stammkunden der Hundetrainerin, hätten gelogen, damit diese weiterhin ihre Kurse geben könnte.
Zeugen haben Biss nicht gesehen
An ein solches Komplott mochte das Dietiker Bezirksgericht aber nicht glauben. Die Aussagen der vier Zeugen seien zwar durchaus ähnlich, aber nicht gerade deckungsgleich, hielt der Richter fest. Bei einer verschwörerischen Absprache hätten zudem nicht alle behauptet, den Biss nicht gesehen zu haben - dann hätten sie ja gerade vom Biss des Labradors gesprochen.
Die Staatsanwaltschaft wollte ursprünglich kein Verfahren eröffnen. Dagegen reichte die gebissene Labrador-Halterin eine Beschwerde ein, die das Obergericht guthiess. In der danach verfassten Anklage warf die Staatsanwaltschaft der Hundetrainerin eine fahrlässige Körperverletzung vor.
Diese habe ihre Pflichten verletzt; mit Sicherheitsvorkehrungen - etwa dem Tragen eines Maulkorbes - hätte sich der Biss und damit die Verletzungen verhindern lassen. Sie forderte eine Bestrafung mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 80 Franken.
Rottweiler-Biss konnte nicht gewiesen werden
Für das Bezirksgericht Dietikon war die angeklagte Version des Rottweiler-Bisses aber nicht bewiesen: Welche Schilderungen nun wahr und welche unwahr seien, liesse sich nicht beweisen, hielt der Richter weiter fest. Grundsätzlich seien beide Versionen plausibel.
Bei jener der Labrador-Halterin gebe es aber auch gewisse Fragezeichen, hielt er fest. So sei etwa fraglich, ob ein Rottweiler eine erfahrene Hundetrainerin überhaupt mehrere Meter mitschleifen könnte, ohne dass sie reagieren könnte.