Grüne Bezirk Lenzburg: Landwirtschaftliche Vielfalt statt Pestizide
Lukas Häusler, Einwohnerrat Grüne Lenzburg und Bio-Bauer, schreibt in seinem Gastbeitrag über die anstehende Abstimmung der beiden Agrarinitiativen.
Die letzten Monate waren für mich als grüner (Bio-)Bauer, aufwiegelnd und anstrengend. Zigfach wurde ich gefragt, wie denn bei den beiden anstehenden Agrarinitiativen abzustimmen sei. Gefühlte tausend Zeitungsartikel, Radiobeiträge und Diskussionen am Mittagstisch später ist mir eines klar: ich werde es nicht schaffen, hier mit 2000 Zeichen endlich Licht ins Dunkel zu bringen.
Dass das Parlament nicht willens war, für beide Initiativen einen griffigen, umsetzbaren Gegenvorschlag zu präsentieren, hat mich extrem frustriert. Denn es besteht grosser Handlungsbedarf im Angesicht des schwindenden Lebens in Kleingewässern und dem dramatischen Rückgang an Insekten .
Über die viel besser bekannte Trinkwasser-Initiative (TWI) schweige ich mich aus Platzgründen aus. Die Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide will nicht nur die LandwirtInnen als «Giftanwender», sondern auch die HausgärtnerInnen, die SBB und andere in Pflicht nehmen. Für den Import von Lebensmittel gälten zudem dieselben Regeln wie für die Produktion im Inland, was für uns Bauern «gleich lange Spiesse» bedeutet.
Vielfalt innerhalb der Betriebe soll wieder ansteigen
Ist eine Produktion ohne synthetische Pestizide überhaupt möglich? Ja! Tausende von BiobäuerInnen machen das in der Schweiz tagtäglich vor. Auch anspruchsvolle Kulturen wie Gemüse, Raps, Obst und Wein lassen sich auf diese Weise anbauen.
Allerdings setzt dies voraus, dass die Landwirtschaft mithilft, die Agro-Ökosysteme auf nützlingsfördernde Weise zu gestalten. Es setzt voraus, dass die Anbaupausen zwischen den anfälligen Kulturen länger werden. Die Vielfalt innerhalb der Betriebe soll wieder ansteigen.
Dies verlangt von den Bauern statt der bisher geforderten, neoliberalen Spezialisierung wieder mehr Generalisierung. Es setzt voraus, dass genügend Ressourcen auf den Betrieben vorhanden sind, um eine mechanische Unkrautbekämpfung durchzuführen, statt zeitsparend Herbizide zu spritzen. Im Gegenzug sinkt die Abhängigkeit der Landwirtschaft von der Pestizidindustrie, was mehr Freiheit und Freude an der Arbeit bedeuten kann und gut ist fürs bäuerliche Portemonnaie und die bäuerliche Gesundheit.
Damit der Übergang zu einer produktiven Landwirtschaft ohne synthetische Pestizide gelingen kann und der Selbstversorgungsgrad erhalten bleibt, braucht es aber auch KonsumentInnen, die am selben Strick ziehen: weniger «makelloses Aussehen», weniger Produkte aus kraftfutterintensiver Tierhaltung und weniger «Geiz ist geil»…