Nemo: Was kann Nonbinarität des ESC-Stars bewirken?
Nemo ist schon vor dem Gewinn beim ESC zum non-binären Vorbild geworden. Welchen Einfluss könnte das Musiktalent auf die Schweizer Gesellschaft haben?
Das Wichtigste in Kürze
- Nemo gibt den non-binären Menschen in der Schweiz ein Gesicht.
- Die Schweiz diskutiert aufgrund des Talents wieder vermehrt über Geschlechterdiversität.
- Auch politisch könnte Nemo einen Impact erzielen.
Das muss eine Person allein mal schaffen! Nemo (24) hat mit dem ESC-Sieg den gesellschaftlichen Diskurs rund um Geschlechterdiversität richtig angekurbelt.
Bei der grossen medialen Aufmerksamkeit um das Bieler Talent steht besonders Nemos non-binäre Geschlechtsidentität im Fokus. Für die einen ist es ein bekanntes Thema, für andere Neuland. Die Nonbinarität fordert «traditionelle» Geschlechterbilder heraus.
Auch sprachlich gibt es neue Formen, die bei nicht binären Personen berücksichtigt werden sollten. Bei Nemo werden im Deutschen keine Pronomen, sondern allein der Name verwendet. Dabei geht es darum, der Person mit Respekt zu begegnen.
Wie könnte Nemo die Wahrnehmung von Geschlechterdiversität in der Schweiz beeinflussen?
Expertin spricht von Nemo als «Botschaftsperson»
Fabienne Amlinger vom Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung (IZFG) der Uni Bern meint auf Anfrage von Nau.ch: «Sowohl als Person als auch im Song ‹The Code› greift Nemo die Nonbinarität auf.» Dadurch würde nicht nur über das Thema gesprochen, sondern auch nicht-binäre Menschen kämen zu Wort.
«Nemo ist eine Botschaftsperson», so Amlinger weiter. «Der Songtext von ‹The Code› zeigt, dass das Aufwachsen als non-binäres Kind für Nemo nicht nur einfach gewesen ist.»
So singt Nemo darin etwa: «I went to hell and back» (Deutsch: «Ich bin durch die Hölle gegangen»).
Das Musiktalent habe für sich als non-binäre Person aber einen Weg gefunden. «Nemos Geschichte kann beim Publikum möglicherweise mehr Verständnis für andere non-binäre Personen bewirken.»
Auch politisch nimmt Nemo laut der Geschlechterforscherin eine wichtige Rolle ein. «Ich glaube nicht, dass wegen Nemo der Geschlechtereintrag gleich geändert wird. Aber mit Nemo ist ein weiterer Schritt auf dem Weg dazu gemacht», glaubt Amlinger.
Die Schweizer Gesellschaft komme so mit Geschlechterdiversität in Kontakt, «nur realisieren es viele gar nicht». Die Welt sei diverser, als viele denken.
Nemo: Politische Forderungen
Das Kollektiv «WeExist» setzt sich für den dritten Geschlechtseintrag in der Schweiz ein. Am ESC-Wochenende veröffentlichten sie auf Instagram einen offenen Brief. Darin fordert es Bundesrat und Parlament auf, nicht binäre Geschlechtseinträge einzuführen.
«Für die Schweiz ist dies ein kleiner Schritt. Für alle nicht binären Menschen ein Meilenstein für ein Leben ohne Diskriminierung, in Respekt und Würde.»
Bei der Ankunft in Zürich sprach Nemo selbst über die Rechte von nicht binären Menschen. «Ich setze mich klar für einen dritten Geschlechtseintrag ein. Ich finde, es ist mega wichtig, dass das in der Schweiz möglich ist. Und auch, dass das so schnell wie möglich möglich gemacht wird.»
Und weiter: «Ich bin nicht aus der Politik und ich weiss nicht, wie man das am schnellsten hinkriegen wird. Aber ich werde das einfach so lange sagen, bis es passiert und mich dafür einsetzen.» Bundesrat Beat Jans (SP) hatte Nemo am Sonntag bereits ein Gespräch deswegen angeboten.