Amazon zeigt mit Too Old To Die Young eine düstere Unterwelt-Fabel

Robin Mahler
Robin Mahler

USA,

Nicolas Winding Refn macht extravagante Filme. Für Amazon hat er die Serie «Too Old To Die Young» inszeniert. Hier wird sein Stil auf die Spitze getrieben.

Amazon Szenenbild
Der schweigsame Martin (Miles Teller) macht sich in «Too Old To Die Young» die Hände schmutzig. - Amazon

Das Wichtigste in Kürze

  • Amazon bietet mit «Too Old To Die Young» eine spezielle Serie.
  • Ein Polizist begibt sich auf gefährliche Pfade.
  • Das Projekt von Nicolas Winding Refn bietet exzellente Bilder und eine simple Handlung.

Martin (Miles Teller) erlebt mit, wie sein Partner von Jesus (Augusto Aguilera) erschossen wird. Die Suche nach dem Mörder führt den Polizisten zu Pädophilen, Pornografen und mexikanischen Drogenkartellen.

Refn feiert sich auf Amazon selbst

«Too Old To Die Young» besteht aus zehn Folgen mit jeweils 30 bis 90 Minuten Laufzeit. Sie ist auf Amazon Prime Video wahlweise im Originalton oder in deutscher Sprache synchronisiert zu sehen.

Geschaffen hat die Serie der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn zusammen mit dem amerikanischen Comic-Autoren Ed Brubaker. Der bislang bekannteste Film von Refn ist «Drive», der 2011 zum Achtungserfolg wurde. Nun hat er erstmals für Amazon gedreht. Für ihn sei das Projekt keine klassische Serie, sondern «ein 13-stündiger Film».

Amazon NWR
Nicolas Winding Refn hat mit Amazon zusammengespannt. - Keystone

Hier finden sich viele seiner Erkennungsmerkmale wieder: Neon-Lichter, ein elektronischer Soundtrack von Cliff Martinez (ehemaliger Schlagzeuger der Red Hot Chili Peppers) sowie die wortkarge Hauptfigur.

Lynch, Tarantino und alte Exploitation-Streifen

Neben seinen eigenen Werken bedient sich Refn auch bei seinen Vorbildern. Die Langsamkeit erinnert an das grandiose «Twin Peaks: The Return» von David Lynch, nur ohne dessen Surrealismus und Sinn für Humor.

Ähnlich wie Lynch pfeift der Däne auf Konventionen. So kann es schon mal vorkommen, dass eine Szene gefühlte zehn Minuten dauert und kaum etwas passiert.

Mit Quentin Tarantino verbindet ihn der Einsatz von Gewalt plus ein riesiges Interesse für Filme. In diesem Falle ist es besonders das Exploitation-Genre, welches Brutalität mit nackter Haut vermischt.

Eigentümliche Faszination

Die vom Kameramann Darius Khondji («Sieben») hervorragend eingefangenen Bilder wirken oft wie wunderschöne Gemälde.

Viel gesprochen wird nicht. Oft gehen die Sätze einsilbig über die Lippen. Die Ästhetik triumphiert über den Inhalt. Das Tempo kriecht förmlich auf Knien dahin.

Trotz der eigentümlichen Faszination ist es schade, dass sich Refn nicht auf seine Anfänge besinnt. Mit «Bleeder» und der «Pusher»-Trilogie hat er harten Stoff mit besserer Stringenz abgeliefert. Seine düstere Unterwelt-Fabel wirkt dagegen wie eine Stagnation auf hohem Niveau.

Fazit

«Too Old To Die Young» vereint die Stärken und Schwächen von Refn. Grandiose Aufnahmen werden von der elektrisierenden Musik ebenso toll begleitet. Groteske Momente sorgen für Lacher, welche durch grausame Wucht unterbrochen werden. Diese Serie zieht den Zuschauer nach schleppendem Beginn in einen unglaublichen Sog.

Gleichzeitig gibt es Mängel. Die elendig in die Länge gezogene Geschichte wird im Grunde äusserst simpel erzählt. Dazu kommen Dialoge, welche auf der Linie zwischen bemüht und platt balancieren. Viele Szenen sind bewusst bis ins Extrem ausgedehnt.

Refn hat für Amazon kein Massengeschmack-Produkt abgeliefert. Das ist in diesem Falle gut so.

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