Academy Museum: Hollywoods Millionen-Projekt
2020 soll das neue Academy Museum endlich Premiere feiern. Stararchitekt Renzo Piano baut das kühne Millionen-Projekt für Hollywoods riesiges Filmmuseum. Auch eine deutsche Kuratorin fiebert der Eröffnung entgegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Es glänzt schon von Weitem: der grosse Zylinder an der denkmalgeschützten Fassade eines früheren Luxus-Kaufhauses, Baujahr 1939, ist mit 350.000 Blattgold-Mosaikstücken verziert.
«Das Gold passt genau zu den Oscars», begeistert sich Jessica Niebel. Die gebürtige Heidelbergerin gehört zum Kuratoren-Team des neuen Academy Museum of Motion Pictures. Ein Drittel der Mosaikplättchen mussten erneuert werden, sie wurden beim Originalhersteller in Venedig beschafft.
Die Filmakademie, die alljährlich die Oscars verleiht, scheut für ihr Mega-Projekt keine Kosten. Neben dem eleganten Altbau am Wilshire Boulevard in Los Angeles - über Glasbrücken verbunden - ragt eine kolossale, futuristische Kugel aus Glas, Stahl und Beton in den Himmel. Getragen von bebensicheren Stelzen, entworfen von dem italienischen Stararchitekten Renzo Piano, der durch Bauten wie das Centre Pompidou und den dreieckigen Londoner Wolkenkratzer «The Shard» berühmt ist.
Im Bauch der Sphäre ist ein Grossraumkino mit 1000 Plätzen, darüber eine riesige Terrasse, in der Ferne ist der berühmte Hollywood-Schriftzug zu erkennen. «Von hier oben hat man einen wunderschönen Blick über das alte Hollywood», sagt Niebel, die zuvor beim Frankfurter Filmmuseum arbeitete, 2016 kam der Ruf nach Kalifornien.
Noch ist die Aussicht nur wenigen gegönnt. Immer wieder verzögerte sich die Einweihung des Museums. Mehr als vier Jahre nach dem ersten Spatenstich gibt es kein festes Datum, es soll aber noch in diesem Jahr passieren, versprechen die Betreiber. Von anfangs 200 Millionen Dollar haben sich die Kosten für den Prachtbau fast verdoppelt. Stars wie Steven Spielberg, Barbra Streisand, Tom Hanks und George Lucas spendeten, auch Filmstudios, Stiftungen und Superreiche schrieben Schecks. Sie hätten nun 95 Prozent der angepeilten 388 Millionen Dollar zusammen, verkündete der neue Museumsdirektor Bill Kramer Ende Januar. Sein Vorgänger war im Herbst nach fünf Jahren gegangen.
Es ist ein ehrgeiziges Projekt. Auf knapp 30.000 Quadratmeter Fläche, über sechs Stockwerke und den Kuppelbau verteilt, soll die Geschichte des Films zelebriert werden. Sie seien kein «Oscar-Museum», stellt Niebel klar. Natürlich würden auch Oscar-Trophäen ausgestellt, aber das mache nur einen kleinen Teil aus.
Die Film-Academy stellt ihre riesige Sammlung von Filmen, Fotos, Postern, Kostümen und Drehbüchern zur Verfügung. Das Museum hat selbst schon mehr als 3500 Stücke im eigenen Archiv: Das Cape, das Bela Lugosi 1931 als Graf Dracula trug, Dorothys rote Schuhe aus dem «Zauberer von Oz», berühmte Filmkostüme von Shirley Temple, Marlene Dietrich, Elizabeth Taylor und Humphrey Bogart, eine Hai-Attrappe aus dem Horrorschocker «Der Weisse Hai», die Tür zu Rick's Café aus «Casablanca».
Niebel wurde auch bei einem Treffen mit Steven Spielberg in dessen Studio fündig. In einem Konferenzzimmer hing ein Schlitten hinter Glas, erzählt die Kuratorin, «der echte 'Rosebud' aus Orson Welles' Film «Citizen Kane»». «Na klar würde ich den euch leihen», habe der Regisseur gleich auf ihre Nachfrage angeboten.
«Unbegreiflich, wie hier Multimillionen gespendet werden», meint die Kuratorin. Das gehöre in Hollywood eben zum guten Ton. Und für die «Donors» macht sich die Spende auch bezahlt - ihre Namen sind überall im Museum zu finden. Es gibt die Spielberg-Galerie, eine Barbra-Streisand-Brücke, sogar eine Netflix-Terrasse. Einige Pfeiler sind nach Filmgrössen wie Sophia Loren, Tony Curtis oder Rita Moreno benannt, für je eine Million Dollar Spendengeld.
Doch es geht nicht nur um Hollywoods Traumfabrik. Niebel bringt auch das deutschsprachige Kino der 1920er Jahre für die Dauerausstellung zu den Anfängen des Films ein. «Friedrich Wilhelm Murnau war ein Genie», begeistert sich die Kuratorin über den «Nosferatu»-Regisseur.
Sie arbeitet auch an der ersten Sonderausstellung des Museums über das Werk des japanischen Zeichentrick-Meisters Hayao Miyazaki. Der 79-Jährige ist durch Filme wie «Chihiros Reise ins Zauberland» und «Mein Nachbar Totoro» bekannt. «Er spricht alle Generationen und Menschen in aller Welt an», sagt Niebel. «Wir sind ein Filmmuseum, das international ausgerichtet ist», betont die Deutsche.
Der Spitzname für das Museum weist allerdings in eine weit entfernte Galaxie. «Manche nennen es Death Star, nach dem kugelförmigen Todesstern aus den Star-Wars-Filmen», sagt Niebel. Oder nach dem runden Spaceship Aries 1B aus Stanley Kubricks «2001: Odyssee im Weltraum» («2001: A Space Odyssey»). Das könnten die Besucher des Museums, wenn es schliesslich aufmacht, bestaunen. Die seltene Requisite von den Dreharbeiten für den Weltraumklassiker von 1968 sei ein Highlight ihrer Sammlung, strahlt Niebel. Kein Wunder, «2001: Odyssee im Weltraum» ist einer ihrer Lieblingsfilme.
Sie selbst hatte 2004 als Praktikantin bei der Ausstellung «Stanley Kubrick» im Frankfurter Filmmuseum angefangen. Der Sprung nach Hollywood habe sie total gereizt. Sie fiebert der Eröffnung des ersten Filmmuseums in der Kinometropole entgegen, allerdings auch mit etwas Herzklopfen. «Wir wollen einen breiten Kreis ansprechen», sagt Niebel. «Filmfans, Cineasten, Experten aber auch Leute, die nicht viel über Filmkunst wissen. Das ist eine grosse Herausforderung.»