Adam Lambert: Romantiker und Realist
Das Wichtigste in Kürze
- Adam Lambert ist dieser Tage bester Laune.
Von der Coronavirus-Krise lässt sich der Sänger die Stimmung nicht verderben. «Das ist ziemlich heftig, oder?», sagt Lambert im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Er ruft aus Los Angeles an. «Ich bin nur froh, dass sie die notwendigen Dinge tun, um die Leute zu schützen. Die Sicherheit geht vor.» Wie sehr das Coronavirus Lamberts Pläne für die kommenden Monate beeinträchtigt, bleibt abzuwarten.
Der 38-Jährige veröffentlicht sein neues, äusserst tanzbares Album «Velvet» und will anschliessend solo und später auch wieder mit den Rockveteranen von Queen auf Tournee gehen. «Ich freue mich, dass ich beides machen kann. Die Energie der Musik von Queen ist riesig und sehr theatralisch, es ist richtig laut und gross.» Auf «Velvet» hingegen lasse er es «etwas entspannter» und «etwas sanfter» angehen.
Herausgekommen ist ein vielseitiges Popalbum, auf dem der US-Amerikaner wieder einmal mit seinem Stimmumfang beeindruckt. Zeitlos, aber nicht veraltet sollte das Album klingen, sagt Lambert, der knapp die Hälfe der Songs schon vor Monaten auf der EP «Velvet: Side A» veröffentlicht hatte.
Als Inspirationen nennt er Motown-Soul, Funk, Classic Rock und Künstler wie David Bowie, Prince, Sly Stone oder Chic-Legende Nile Rodgers («Le Freak»), der selbst auch auf «Velvet» mitwirkt. «Es ist quasi eine Sammlung all meiner Einflüsse», sagt Lambert und lacht «Zusammengekocht in einer verrückten Suppe.»
Zu den herausragenden Songs zählt «Overglow», der mit seinem eingängigen Refrain direkt zum Ohrwurm wird. «Superpower» ist mitreissender Funkrock mit starkem Gitarrenfinale. Kräftiger Rock oder Musik für die Tanzfläche? Lambert sieht da keinen Gegensatz. «Ich liebe beides. Am liebsten mag ich Rockmusik, die einen Groove hat, zu dem du dich bewegen kannst», sagt er. «Und genauso finde ich Dance-Musik am besten, wenn sie Gitarren und echten Bass hat.»
Bei «Roses» hört man sofort Nile Rodgers' unverkennbar groovigen Gitarrensound heraus. Mit dem Musiker, der in den 70er und 80er Jahren als Produzent für Erfolgsalben von Stars wie Bowie, Diana Ross, INXS oder Duran Duran verantwortlich zeichnete, hat Lambert in den vergangenen Jahren mehrfach gearbeitet. «Er ist eine Legende!»
Lambert, nach eigener Aussage momentan Single, singt auf «Velvet» über Liebe, Sex und Selbstbewusstsein. «Is it love or are we just f***ing», fragt er in «Roses» und klagt auch in «Loverboy» über oberflächliche Beziehungen. «Gerade heutzutage ist Romantik so eine Sache», meint er. «Für viele Leute existiert sie gar nicht. Andere versuchen romantisch zu sein, arbeiten dabei aber nur eine Liste ab.»
Ob er selbst ein Romantiker ist? «Ich bin ein romantischer Mensch», versichert Lambert. «Aber ich bin auch ein Realist. Ich bin ein Romantiker, der 38 Jahre alt ist und viel erlebt hat. Ein Teil von mir ist romantisch, aber ich bin auch ein bisschen abgestumpft.»
Seit seinem Durchbruch in der US-Castingshow «American Idol» ist seine Homosexualität in Medien immer wieder ein Thema. Lambert stört das nicht - ganz im Gegenteil. «Wenn ich über Dinge wie Beziehungen, Sex, Liebe und all das Zeug singe, ist es interessant zu wissen, dass ich ein schwuler Mann bin», sagt er. «Und so selbstbewusst, wie ich im Rampenlicht mit meiner Sexualität umgehe, kann das vielleicht auch jemandem helfen, der das Gefühl hat, stark sein zu müssen.»
Zu Beginn seiner Karriere wurde dem aufstrebenden Popstar geraten, seine Homosexualität «herunterzuspielen», wie er sagt - «weil den Leuten das unangenehm war oder sie es nicht für vermarktbar hielten». Bevor sein von Pink geschriebener Hit «Whataya Want From Me» 2009 herauskam, wurde deshalb sogar der Text geändert - von «he messed me up» (er hat mich durcheinander gebracht) zu «it messed me up».
Heute würde sich Lambert auf so etwas nicht einlassen. «Die Zeiten haben sich geändert», sagt er. «Ich glaube, früher musste man mitunter gute Miene zum bösen Spiel machen, damit man eine Chance hatte, seine Musik rauszubringen. Man musste das als homosexueller Künstler aushalten. Aber ich bin froh, dass das heute kein Thema mehr ist.»
Lambert ist mit sich im Reinen. «Es gibt immer noch Dinge, in denen ich mich verbessern will», sagt er. «Aber ich war mir nie so über mich selbst im Klaren wie heute.» Auch dank der Auftritte mit Queen. «Ich glaube wirklich, dass mich das zu einem stärkeren Künstler gemacht hat. Es gibt mir Selbstvertrauen, einerseits auf der Bühne und andererseits, weil mit Queen ein neues Kapitel meiner Karriere begonnen hat. Und ich glaube, das gibt mir Glaubwürdigkeit.»
Den legendären Queen-Sänger Freddie Mercury zu kopieren versuchte Lambert nie. Das hätten Gitarrist Brian May und Schlagzeuger Roger Taylor auch nicht gewollt. «Sie haben sofort klargemacht, dass ich mein eigenes Ding machen sollte», sagt er. Mit seinem Stimmvolumen und dem extravaganten Auftreten überzeugte Lambert auch Skeptiker. Für Juni sind in Deutschland drei Konzerte mit Queen geplant, für September einige Soloshows.
Adam Lambert präsentiert mit «Velvet» sein bisher bestes Album. Trotz klassischer Elemente klingt es modern und relevant. Die Melodien bleiben im Ohr, der Groove reisst mit. In seinen Songs strotzt der Sänger vor Selbstbewusstsein und positiver Energie. «Ich liebe das, was ich mache, wirklich», sagt Lambert. Das hört man.