Anna Brüggemann kehrt die romantische Komödie um

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Die Schauspielerin und Drehbuchautorin Anna Brüggemann hat einen «Trennungsroman» geschrieben. Eine Trennung tut weh, warum sollte man darüber auch noch ein Buch lesen?

Schauspielerin Anna Brüggemann hat ihren ersten Roman geschrieben. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Schauspielerin Anna Brüggemann hat ihren ersten Roman geschrieben. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Sie ist Schauspielerin und schreibt Drehbücher.

Bei der Berlinale 2014 hat Anna Brüggemann (40) mit ihrem Bruder Dietrich für den Film «Kreuzweg» einen Silbernen Bären gewonnen.

2018 kämpfte sie gegen das Modediktat auf dem roten Teppich. Frauen sollen dort anziehen, was sie möchten, findet Brüggemann. «Nobody's doll» hiess die Aktion, mit der sie sagen wollte, dass Schauspielerinnen keine Puppen, sondern Künstlerinnen sind. Jetzt hat Anna Brüggemann wieder etwas zu sagen: mit einem Roman.

Der hat das Thema im Titel: «Trennungsroman». Brüggemann erzählt eine umgekehrte romantische Komödie. Zwei Menschen kriegen sich nicht, sondern sie trennen sich. Wer den Netflix-Film «Marriage Story» über das schmerzhafte wie tragikomische Auseinandergehen eines Paares mochte, könnte auch diesen Roman mögen.

Es geht um Thomas und Eva, beide Anfang 30 und seit acht Jahren ein Paar. Als er sie nach zwei Jahren Forschungsaufenthalt in Paris bei der Heimkehr nach Berlin am Flughafen abholt, ist es schon zu ahnen: Er fühlt nicht mehr viel, ausserdem ist er in seinem Job als Arzt gestresst. Sie will den nächsten Schritt gehen, die Pille absetzen, eine Familie gründen. Er möchte das nicht.

Ein harter Bruch widerspricht seinem Selbstbild. Thomas ist ein netter Mann, er leidet darunter, Eva zu verletzen. Aber es fühlt sich nicht mehr richtig an, was früher schön war, etwa nach der Arbeit zusammen zum Badesee zu gehen.

Bis zur Trennung läuft der Countdown: «Noch 31 Tage» heisst das erste Kapitel. Nachdem es vorbei ist, läuft die Zeit weiter. Es ist ein grosses Hadern und Suchen. Es geht um Fragen wie: Was ist aus der grossen Liebe geworden, als beide auf den Fotos noch so glücklich aussahen? Ist Sex überbewertet? Wie ist es, nach der Trennung wieder eine Beziehung einzugehen? Am Ende gibt es Tränen, aber es sind gute.

Der Impuls für den Roman? Anna Brüggemann hatte eine Faszination für die sehr stabilen Beziehungen in den 20ern. Ihre Beobachtung: Während sich ihr Leben stabilisierte, gingen im Freundes- und Bekanntenkreis diese Beziehungen reihenweise in die Brüche, immer nach einem ähnlichen Muster.

Autobiografisch sei das Buch überhaupt nicht, sagt sie im dpa-Interview. «Ich hatte nie so eine Beziehung, wie sie in diesem Buch beschrieben wird.» Der Buchtitel «Trennungsroman» war ein nächtlicher Einfall.

Das Buch ist treffsicher im Beobachten der Generation der um die 30-Jährigen und deren Eltern. Es ist melancholisch, manchmal auch absurd und traurig. Wie in dieser Szene: Eva merkt wegen des winzigen Plastikfetzens einer Kondom-Packung, dass er sie betrogen hat. Er liest gerade auf dem Handy einen Artikel über Erdgasförderung in Alaska, als sie ihn mit dieser Entdeckung konfrontiert und die Beziehung implodiert: «Er schaut Eva in die Augen. Und alles ist kaputt. Sie sucht in seinem Gesicht nach einem Halt, nach einer Erklärung, aber da ist nichts, woran sie sich festhalten könnte, seine Augen sind eine einzige, zerbrechende Entschuldigung.»

Was Anna Brüggemann interessant findet: «Wie macht man weiter, obwohl man jemanden wirklich sehr enttäuscht und verletzt hat? Und wie macht man weiter, wenn man eigentlich den Menschen, mit dem man zusammenleben wollte, schon getroffen hat?» Die Figuren sind eine Mixtur aus Beobachtetem, selbst Erlebtem, Fantasie und Einfühlen in ausgedachte Figuren. Was sie typisch findet für unsere Zeit, spiegelt sich im Buch: nett sein wollen, aber mit Instinkten, Trieben, negativen Gefühlen und Handlungen nicht richtig klarkommen.

Die Geschichte mit ihrem Berliner Setting und ihren liebevoll gezeichneten Figuren hat etwas von einem Kinofilm. Aber Brüggemann sagt, eine Verfilmung habe sie nicht wirklich geplant. «Wenn, dann würde ich Regie machen wollen.» Ob es wirklich nach einer Verfilmung schreit, bezweifelt sie. Es geht viel um das, was die Protagonisten denken, im Gegensatz zu dem, was sie tun. Nicht einfach, das auf der Leinwand zu transportieren.

Ist es ein Roman für Frauen oder Männer? Das Buch hat ein neutrales Cover bekommen, das war Brüggemann wichtig. «Es ist wirklich nicht nur für Frauen geschrieben.» Wenn man diese Unterscheidung überhaupt machen wolle, das finde sie immer schwierig. Statt in der Ecke für Frauenunterhaltung würde sie ihr Buch im Laden lieber in der Hipster-Literatur-Ecke sehen.

Aber eigentlich ist es ihrer Meinung nach etwas für alle, die schonmal Teil eines Paares waren: «Jeder, der sich getrennt hat, getrennt wurde oder überlegt hat, sich zu trennen, kann etwas damit anfangen.»

Anna Brüggemann: Trennungsroman. Ullstein, Berlin, 416 Seiten, 20 Euro, ISBN 9783550200687

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