Ausstellung zu neuer japanischer Architektur in Mendrisio
Die Atomkatastrophe von Fukushima hat die japanische Architektur nachhaltig verändert. Eine Ausstellung zeigt, wie.

Die Atomkatastrophe von Fukushima war für die japanische Architektur eine Zäsur. Seither arbeiten in Japan Architekten mit begrenzten Ressourcen und definieren ihren Beruf auf kreative Weise neu. Dies zeigt eine Ausstellung im Teatro dell'architettura Mendrisio.
Ständige Veränderung – so könnte das Motto lauten, welchem sich die neue Architekturgeneration Japans verschrieben hat, erklärte Kurator Yuma Shinohara am Mittwoch in Mendrisio. Bei vielen Projekten gäbe es keinen klaren Anfang und kein klares Ende mehr. Vielmehr befänden sie sich in ständiger Weiterentwicklung.
Unkonventionelle Nutzung von Verstrebungen und Pflanzen
Diese Bewegung lässt sich in den ausgestellten Projektskizzen und Fotografien nachvollziehen. Auf der Terrasse einer Wohnung sind Verstrebungen eines vermeintlichen Baugerüstes zu sehen. Doch sind sie keine Fremdkörper, sondern dienen zum Aufhängen der Wäsche. An anderen ranken blühende Pflanzen empor.
Solche Projekte stehen in Kontrast zu den klaren Linien und minimalistischen Räumen, die gemeinhin mit zeitgenössischer japanischer Architektur assoziiert werden. Ihre Ästhetik lasse Unvollkommenheit bewusst zu, heisst es in den Medienunterlagen.
Neue Strömungen der japanischen Architektur
Die Ausstellung «Make Do with Now. Neue Strömungen der japanischen Architektur» im Rundbau des Teatro dell'architettura fokussiert auf zwischen 1975 und 1995 geborene Architekten, die ihre berufliche Laufbahn nach 2011 begonnen haben.
Sie arbeiten nicht nur in Hinblick auf die begrenzten Ressourcen anders, sondern tragen auch demographischen Entwicklungen stärker Rechnung. «Sie denken ihren Beruf neu», resümierte Shinohara.
Japans neue Sicht auf Gebäudelebensdauer
Ein schönes Beispiel für den Umgang mit älteren und schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft ist das Kasugadai Center Center. Das von viel Licht und Holz geprägte Gemeinschaftszentrum beherbergt eine Familienwohnung für Demenzkranke, eine Krankenstation und eine Ausbildungsstätte für Kinder mit Behinderung. Schiebetüren sorgen in einem Moment für Privatsphäre und im nächsten für Durchlässigkeit.
An diesem Projekt werde sichtbar, wie japanische Architektinnen selbst zu Initiatoren würden. Auch andere Bauten wirken gleichzeitig dynamisch und heimelig, modern und doch wohnlich.
Auch die in Japan auf nur 30 Jahre ausgelegte Lebensdauer von Gebäuden wird nun hinterfragt. Nicht zuletzt diese Tatsache zeigt, dass die «neuen» Architekten Japans – trotz dem Schrecken Fukushimas – eine optimistische Sicht auf neue Lösungen pflegten.