Commissario Montalbano ermittelt im «Nest der Schlangen»
Ein Geschäftsmann wird in seiner Villa umgebracht. An Feinden und mutmasslichen Motiven mangelt es nicht. Doch am Ende lichtet sich ein sehr privates und verstörendes Geheimnis.

Das Wichtigste in Kürze
- Morde aufzuklären gehört für Commissario Montalbano zum Tagesgeschäft.
Doch diesmal hat der kauzige Sizilianer wenig Verlangen nach Ermittlungen.
«Denn jemanden hinter Gitter zu bringen, der einen unbescholtenen Menschen ermordet hatte, war das Eine. Den Mörder eines gemeinen Schurken hinter Gitter zu bringen etwas ganz anderes», räsoniert der Kommissar.
In seinem aktuellen Fall stösst Montalbano auf «Das Nest der Schlangen» und was er dort findet, lässt selbst Andrea Camilleris (93) routinierten Ermittler erschauern.
Bei dem «gemeinen Schurken» handelt es sich um den Geschäftsmann Cosimo Barletta, der an einem Sonntagmorgen tot in seiner Villa gefunden wird. Dass er ermordet wurde, ist klar. Und die Zahl der möglichen Verdächtigen ist gross. Barletta war nicht nur reich, sondern auch ein unangenehmer Zeitgenosse mit vielen Feinden. Er verlieh Geld zu Wucherzinsen, hatte zahlreiche wechselnde Geliebte und erpresste junge Frauen in Notlagen auf die übelste Weise.
Die beiden Kinder Barlettas geben sich keine Mühe, den Charakter ihres Vaters in ein besseres Licht zu rücken. Sein Sohn Arturo reagiert kalt auf den Tod des sadistischen Patriarchen. Seine Tochter Giovanna scheint stark mitgenommen, aber klar bei Verstand - so klar, dass Montalbano ganz mulmig wird.
Die Ermittlungen konzentrieren sich schnell auf ein nicht auffindbares Testament und die möglicherweise letzte Geliebte Barlettas. Hinweise auf ihre Identität geben eine Reihe unsignierter Briefe - wenn Montalbano nur deren Bedeutung verstehen könnte! Als es ihm langsam dämmert, ist die Wahrheit nur schwer zu ertragen.
Mit diesem Fall begibt sich Camilleri wieder einmal in die Tiefen der menschlichen Psyche und konfrontiert den Leser mit einem schockierenden Szenario. Die Idylle der sizilianischen Landschaft, die schrägen Kollegen des Commissario und die Sticheleien mit seiner Dauer-Verlobten Livia können nicht darüber hinwegtäuschen. Das ist kein Krimi für empfindliche Gemüter.
- Andrea Camilleri: Das Nest der Schlangen: Commissario Montalbano ringt um Fassung, übersetzt von Rita Seuss und Walter Kögler, Lübbe, 269 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3-7857-2627-3.