Coronavirus trifft Kulturbetrieb hart

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Deutschland,

Der Kulturbetrieb wird vom neuartigen Coronavirus schwer getroffen. Es hagelt Absagen von Köln bis München, von Berlin bis Wien. Theater- und Opernaufführungen fallen wochenlang aus.

Carlos Santana hat die Europa-Termine seiner Tour abgesagt. Foto: picture alliance / Christoph Schmidt/dpa
Carlos Santana hat die Europa-Termine seiner Tour abgesagt. Foto: picture alliance / Christoph Schmidt/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kampf gegen das neuartige Coronavirus trifft den Kulturbetrieb immer härter.

Die Absagen und Schliessungen häufen sich.

Am Dienstag wurde unmittelbar vor dem Start das Literaturfestival Lit.Cologne abgesagt. Für die grossen Berliner Theater und Opernhäuser wurden alle Veranstaltungen bis 19. April abgesagt, auch in Bayern sind alle staatlichen Theater, Konzertsäle und Opernhäuser bis zum Ende der Osterferien am 19. April geschlossen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Der Notfallplan der österreichischen Regierung zwingt auch weltbekannte Spielstätten wie das Burgtheater und die Staatsoper in Wien dazu, Aufführungen bis Ende März abzusagen.

Der amerikanische Sänger Richard Marx sagte seine Auftritte in Europa ebenso ab wie Star-Gitarrist Carlos Santana. Der deutsche Kulturrat warnt vor existenzgefährdenden Bedingungen insbesondere für freiberufliche Künstler.

Die Lit.Cologne teilte mit, die Absage geschehe auf Empfehlung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos). Man bemühe sich um eine Verlegung der Veranstaltungen auf einen späteren Zeitpunkt. Mit mehr als 200 Veranstaltungen und über 100.000 Besuchern an zwölf Tagen ist die Lit.Cologne nach eigenen Angaben das grösste Literaturfestival Europas.

«Die Absage der Lit.Cologne trifft uns unendlich schwer», bedauerte Geschäftsführer Rainer Osnowski. Für das privatwirtschaftlich organisierte Literaturfest, das bisher ohne Subventionen auskam, sei dies existenzgefährdend. Eine Reihe von Autoren, vor allem aus dem Ausland, hatten ihre Veranstaltungen bereits abgesagt oder verschoben. Zuvor waren in den vergangenen Tagen schon die Leipziger Buchmesse sowie Buchmessen in Bologna, London und Paris abgesagt worden. Das Literaturfestival Eventi letterari Monte Verità im Schweizer Kanton Tessin wurde in den Herbst verschoben.

Die Massnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus treffen den Kulturbereich nach Darstellung des Deutschen Kulturrats insgesamt stark. «Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler haben oft keine finanziellen Polster, um Einnahmeausfälle aufzufangen», sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Honorare würden oft nur bei der Durchführung von Veranstaltungen fällig.

Viele öffentlich geförderte Kultureinrichtungen befürchten laut Kulturrat, dass öffentliche Mittel von Kommunen, Ländern oder dem Bund zurückgefordert werden könnten, weil sie für bestimmte Vorhaben genehmigt wurden, die nun nicht stattfinden. Vielfach seien aber schon Ausgaben entstanden. Rückforderungen könnten sich existenzbedrohend auswirken, deshalb müsse darauf verzichtet werden.

Die Bayerische Staatsoper in München will während der Schliessung ausgewählte Stücke trotzdem auf die Bühne bringen - vor leeren Rängen. Zuschauer könnten die Aufführungen live übers Internet verfolgen, sagte ein Sprecher.

In Berlin sagte Kultursenator Klaus Lederer (Linke), er empfehle auch den grossen Privattheatern, zu schliessen. Für Veranstaltungen in kleineren Häusern und Sälen bis zu 500 Zuhörern liege die Risikobewertung zunächst bei den jeweiligen Einrichtungen, die sich an den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts orientieren sollten. Wer akut erkrankt ist oder zu einer Risikogruppe gehöre, sollte auf den Besuch von Veranstaltungen ohnehin ganz verzichten.

In Berlin sind die grossen Häuser wie die Philharmonie mit 2250 Sitzen, die Deutsche Oper für 1885 Zuhörer, die Staatsoper Unter den Linden mit 1300 Plätzen, die Komische Oper mit 1190 Plätzen, aber auch das Deutsche Theater mit 600 Sitzen betroffen.

Der Intendant der Hamburger Elbphilharmonie, Christoph Lieben-Seutter, sieht für eine generelle Absage der Veranstaltungen in dem berühmten Konzerthaus dagegen keine Veranlassung. «In einem Konzertsaal wie diesem hier - der ist geräumig, der ist modern, hat eine super Klimaanlage - hier ist die Gefahr auch für 2000 Leute, sich anzustecken, sicher wesentlich geringer als in einem kleinen, engem, alten Saal oder in einem Club oder ähnlichem», sagte er den ARD-«Tagesthemen».

Auch Popkonzerte fallen dem Coronavirus zum Opfer. Star-Gitarrist Carlos Santana sagte die Europatermine seiner Miraculous World Tour aufgrund «gesundheitsbehördlicher Entscheidungen und lokaler Reisebeschränkungen» ab. Damit entfallen auch die geplanten Konzerte am 22. März in München und am 23. März in Köln. Die Sicherheit der Fans habe aber oberste Priorität. Der US-Sänger und Songwriter Richard Marx hatte am Montag seine Deutschlandtour in Hamburg beginnen wollen. Deutschlandweit sind sechs Konzerte betroffen - Hamburg, Berlin, Düsseldorf, München, Frankfurt und Leipzig.

Popstar Madonna sagte zwei Konzerte ihrer aktuellen «Madame X»-Tour am 10. und 11. März in Paris ab. Die US-Rockband Pearl Jam verschob den ersten Teil ihrer geplanten Nordamerika-Tournee auf unbestimmte Zeit. Sängerin Miley Cyrus sagte wegen des weltweit grassierenden Coronavirus ein Buschfeuer-Benefizkonzert in Australien ab.

Die Sorgen wegen der Ausbreitung des Coronavirus haben auch das oberbayerische Oberammergau erreicht: Dort laufen die Vorbereitungen auf die am 16. Mai geplante Premiere der nur alle zehn Jahre aufgeführten Passionsspiele. «Stand heute gehen wir davon aus, dass die Premiere stattfinden kann», sagte Sprecher Frederik Mayet am Dienstag. Mit der Ankündigung der bayerischen Staatsregierung, zunächst bis Karfreitag Veranstaltungen mit mehr als 1000 Gästen zu untersagen, gebe es allerdings eine neue Situation. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Massnahme über den 10. April hinaus verlängert wird. Das würde dann langsam in den Zeitraum der Premiere fallen. Auf diese Situation müssen wir uns vorbereiten.»

Die Ursprung der Passion geht just auf eine Epidemie zurück: Vor fast 400 Jahren wütete die Pest im Land. 1633 gelobten die Oberammergauer, alle zehn Jahre das Spiel vom Leiden, Sterben und der Auferstehung Christi aufzuführen, wenn niemand mehr an der Pest sterben sollte.

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