Von A bis Z: Welche Trends 2020 das Leben bestimmten
Was war 2020 angesagt? Zum Beispiel Gürteltaschen, Online-Fitness, ein spezieller Kaffee und das Symboltier Babyelefant. Ein Szene-Lexikon zum Jahr von A bis Z.
Das Wichtigste in Kürze
- E-Scooter, vegane Burgerpatties - total 2019.
Und was war 2020 in? Unter anderem Beltbags und Dalgona Coffee - und natürlich das Accessoire Alltagsmaske.
Ein Überblick von A bis Z - was angesagt war in diesem Jahr, in dem wegen der Corona-Pandemie viele dünnhäutiger wurden, Berlins lange bespöttelter Flughafen BER eröffnet wurde und Koffein-Limonaden in der Werbung agitierten: «Lasst uns offen für das Neue bleiben. So offen wie nie zuvor.»
Autokinos: Totgeglaubte Orte können plötzlich wieder relevant werden - zum Beispiel abstandsregelkonforme Autokinos für Konzerte und andere Kulturveranstaltungen in der Coronavirus-Pandemie.
Belt bag: Spätestens 2020 wurde die quer über der Brust getragene Gürteltasche/Bauchtasche zum Trend - praktisch, weil man neben dem sonstigen Kleinkram auch die Corona-Alltagsmaske unterbringen konnte.
Cross ventilation: Das Lüften wurde in der Pandemie zum Gebot - Engländer staunten über deutsche Fachbegriffe wie «Stosslüften» (auf Englisch: impact ventilation) und «Querlüften» (cross ventilation).
Dalgona Coffee: Trendgetränk des Jahres aus Asien, eine Art Cappuccino auf dem Kopf - (kalte) Milch unten, Kaffeeschaum aus aufgeschlagenem Instantpulver-Zucker-Wasser-Mix oben.
Exzess-Ende: Der für Techno, Schweiss und Sex berühmte und wegen Corona geschlossene Club Berghain wurde zur harmlosen Kunsthalle. «Ein hundert Nanometer grosses Virus hat die härteste Tür Berlins gebrochen», meinte Autor Airen in der «Welt». Plötzlich erlebten auch längst vergessene Sperrstunden ein Comeback. Der aus Kanada stammende Comedian Daniel-Ryan Spaulding nahm das grosse Aufwachen von Berliner Hipstern besonders gelungen auf die Schippe: «It's Berlin!»
Fitnessstudios: Gemeinsam schwitzen und ächzen ist in Corona-Zeiten out. Sportstudios bemerkten die Skepsis vieler Kunden. Dafür boomten Online-Training, Home-Workout, Fitness-Apps, Freiluftsport oder das Rudergerät für zu Hause.
Goldene Milch: Die gehypte ayurvedische Kurkuma Latte wurde dieses Jahr auch als Trend-Eis verkauft. Der Verband Uniteis kürte die Sorte «Goldene Milch» aus Milcheis mit den gelben Gewürzen Ingwer und Kurkuma zum sogenannten Eis des Jahres.
Huhn: Das neue Trendtier bei Promis und Normalos mit Garten waren Hennen, deren Haltung sich nicht zuletzt für frische Eier lohnt.
Inland: In der Pandemie entdeckten viele die deutschen Mittelgebirge oder Küsten wieder. Kurz: Inland war das neue Ausland. Auslandsreisen wurden zum Wagnis, auch wenn sonst überlaufene Orte plötzlich leer waren. 2020 war das Ende des Easyjetsets - des Einfachmalwegfliegens.
Jawsh 685: Der Ohrwurm «Savage Love (Laxed - Siren Beat)» von Jawsh 685 & Jason Derulo war Deutschlands Sommerhit. Reggae-Sound, Falsettstimme und Ooh-la-la-la. Der offizielle Hit des Jahres war der nach 80er-Jahre-Pop klingende Song «Blinding Lights» von The Weeknd.
Kettchen: Das Männerkettchen war nicht nur wegen Serien wie «Normal People» angesagt, sondern verlor auch seine Ablehnung durch Snobs von wegen prollig - ebenso wie Männer nun schon länger stolz Muskeln pumpen, Tattoos tragen und im Barbershop den Bart frisieren lassen.
Landleben: Das Leben fernab gefährlicher (und teurer) Grossstädte wurde in Pandemiezeiten eine Sehnsucht. T-Shirts mit Slogans wie «Dorfkind» tragen manche Landbewohner stolz.
Maske: Die Alltagsmaske (Mund-Nase-Bedeckung) wurde wegen der Coronavirus-Pandemie gezwungenermassen zum Accessoire des Jahres. Und die Maskenkette (wie die Brillenkette) wurde zum Schmuck des Jahres.
Nicecream: Mit der Grundzutat gefrorene Bananen handelt es sich um «gesundes Eis», das alle Trends in sich zu vereinen scheint - je nach Zubereitung: fettfrei, zuckerfrei, vegan, ohne künstliche Aromen...
Onlyfans: Was bei Instagram und Co verboten ist, ist hier Prinzip. Die Social-Media-Plattform für Porno und unzensierte Erotik boomte.
Pinsa: Pizza war angesagt, jeder in Deutschland isst im Jahr 13 Tiefkühlpizzen, 1990 waren es erst drei. Pinsa ist eine bekömmlichere Sauerteigvariante mit einem Mehlmix aus Weizen/Reis/Soja.
Queen: Spätestens seit der Netflix-Serie «The Crown» hat die britische Königin Elizabeth II. weltweit Kultstatus. Unvergessen blieb ihre Corona-Ansprache: «We will meet again» (Wir werden uns wiedersehen). Und zu Weihnachten sagte sie: «Sie sind nicht allein.» Auch in dunkelster Zeit gebe es Hoffnung auf einen Neuanfang.
Rassismus: Riesenthema von der Umbenennung der Berliner Mohrenstrasse oder der Zigeunersosse oder dem Vorsatz mancher Komiker, Blackfacing sein zu lassen. In der «Black Lives Matter»-Debatte wurde mehr Leuten bewusst, dass Rassismus ein Problem von Weissen ist, die sich mit Critical Whiteness ihre Privilegien bewusst machen können.
Stand-up-Paddling: Spätestens im Corona-Jahr wurde das Stehpaddeln zum Massenphänomen: Mit Hilfe eines langen Paddels durchkreuzen Stand-up-Paddler auf einer Art Surfbrett Kanäle, Seen und Flüsse.
True Romance: Die Ärzte landeten ihren fünften Nummer-eins-Hit mit «True Romance»: «Hey Siri! Erzähl mir über Sex mit Alexa...»
Unorthodox: Beispiel einer deutschen Serie, die zum Welthit beim Streamingdienst Netflix wurde. Maria Schrader gewann dafür den Emmy als beste Regisseurin für die vierteilige Miniserie. Eine Sensation. Auch andere Inhalte aus dem deutschsprachigen Raum waren 2020 auf der ganzen Welt populär. Die Action-Serie «Barbaren» rund um die Hermannsschlacht im Teutoburger Wald wurde etwa «die zweiterfolgreichste nicht-englischsprachige» Netflix-Serie weltweit (hinter «Haus des Geldes»). Auch die letzte Staffel von «Dark» lief global sehr gut.
Vokabular: Von «Neuer Normalität», «Corona-Kilos», «Lockdown», «Social distancing» war die Rede, andere neue Begriffe waren etwa «Covidioten», «Öffnungsdiskussionsorgien», «Superspreader» oder vor Weihnachten die «Schutzwoche» und «Vakzin» für den Impfstoff. In Österreich wurde «Babyelefant» zum Wort des Jahres. Das Tierchen ist dort Symbol für den Mindestabstand, um eine Infektion zu vermeiden.
Wohlstandsverwahrlosung: Verschwörungsgedanken und Schuldzuweisungen blühten in der Pandemie - vieles war geschmacklos, etwa wenn sich Protestler gegen Corona-Massnahmen als Widerstandskämpfer wie Sophie Scholl gerierten. Anfangs waren wegen übertriebener Vorratseinkäufe Nudel- und Klopapier-Gags angesagt, sie wurden aber rasch unlustig. Das Netflix-Dokudrama «Das Dilemma mit den sozialen Medien» (The Social Dilemma) machte bewusst, wie gefährlich und spaltend die Auswirkungen sozialer Medien auf die Gesellschaft sein können.
X wie in H.P.Baxxter: Der Frontmann von Scooter brachte die Stimmung gegenüber dem «worst year ever» auf den Punkt im Song «FCK 2020»: «I don't give a penny. Fuck 2020!»
Yummy (lecker): Nachdem der Eiweiss-Hype Protein-Pudding zum Massenphänomen machte, roher Keksteig zum Löffeln auch im Supermarkt ankam, selbst bei Discountern plötzlich eiweisshaltigere Pasta aus Linsen im Regal stand und viele gerne die Sharon-Frucht (Kaki) assen, setzten manche auf eine Kuchengarnitur als Snack: zumindest eröffneten in Frankfurt und Berlin Streuselbars.
Zuhause: «Forever at home» (Für immer zu Haus) sang Helge Schneider angesichts der Corona-Beschränkungen; Millionen liessen öfter den Lieferservice kommen, sahen mehr fern, guckten Streamingdienste und Mediatheken «leer», lasen Bücher, hörten Podcasts, telefonierten wieder klassisch oder mit Video, spielten mit der App Reface (die das eigene Gesicht in bekannte Szenen aus Serien, Filmen und Musikvideos montiert) und entdeckten die eigenen vier Wände neu. Gartencenter und Baumärkte boomten. Manche sahen schon eine Neo-Biedermeier-Epoche.