Karl Lagerfeld

Zwei Männer und eine Katze: Bei Karl Lagerfeld zu Hause

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Frankreich,

Sonnenbrille, weissgepuderter Zopf, hoher Hemdkragen - das waren die Markenzeichen von Stardesigner Lagerfeld. Wer sich hinter dieser Fassade verbarg, blieb oft unklar. Ein Buch gibt neue Einblicke.

Der Modedesigner Karl Lagerfeld steht 2015 bei der Vernissage «Corsa Karl und Choupette» für seinen Fotokalender im Palazzo Italia an einer Zeichnung seiner Katze. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Der Modedesigner Karl Lagerfeld steht 2015 bei der Vernissage «Corsa Karl und Choupette» für seinen Fotokalender im Palazzo Italia an einer Zeichnung seiner Katze. Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • «Karl, ici!» (Karl, hier), rufen Dutzende Fotografen an einem Novemberabend in Paris.

Karl Lagerfeld startet per Knopfdruck die Festtagsbeleuchtung auf den Champs-Élysées - der Prachtboulevard wird in rotes Licht getaucht.

Lagerfeld ist in der Modekapitale ein «monstre sacré», eine Kultfigur. Später wird klar, dass dieser Auftritt mit Bürgermeisterin Anne Hidalgo auf dem zugigen Bürgersteig einer der letzten des «Kaisers» war, wie der Designer in Frankreich oft genannt wurde. Im Februar 2019 starb der gebürtige Hamburger im Vorort Neuilly vor den Toren der französischen Hauptstadt.

Gut ein Jahr nach dem Tod gibt Model und Sänger Baptiste Giabiconi mit dem Buch «Karl et moi» («Karl und ich») Einblicke in das Leben der Mode-Ikone. Er sei 2008 als junger Mann von dem Dandy mit dem weissen Haarzopf entdeckt worden, daraus habe sich eine jahrelange Freundschaft entwickelt, erzählt der Autor. «Ich wurde seine Muse.»

Der aus der Umgebung von Marseille stammende Giabiconi sagte der belgischen Zeitung «Le Soir», Lagerfeld sei damals sein Beschützer geworden, habe ihn unter seine Fittiche genommen und seine Karriere in der glitzernden Modewelt angeschoben.

Über die Beziehung zwischen Lagerfeld und dem «schönen Jungen» war spekuliert worden, man darf annehmen, dass sie platonisch war - wie zwischen einem Vater und einem Sohn, wie es in dem Interview heisst. Das männliche Model posierte aber auch für Nacktfotos. Giabiconi war nach eigener Auskunft der einzige, der den stets auf Distanz und Stil bedachten Botschafter des Pariser Chics duzen durfte.

In «Karl et moi» wird ein neues Bild Lagerfelds gezeichnet, der in Talkshows kein Blatt vor dem Mund nahm, mitunter arrogant wirkte und Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik scharf kritisierte. Denn laut Baptiste, wie der Autor häufig in dem Buch genannt wird, war der Herr der Pariser Haute-Couture im Grunde ein Netter. «Aber er wollte das immer verbergen, weil er dachte, dass dies eine Schwäche sei», sagte er dem «Soir». «Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Das war seine grösste Stärke, er war die Güte und Grosszügigkeit selbst.»

Wie auch immer, Auseinandersetzungen zwischen den beiden gab es auch. Streit entzündete sich an einer Birma-Katze, die später zu Weltruhm gelangen sollte. Giabiconi erzählt, er sei erster Besitzer von Choupette gewesen, habe sie über Weihnachten wegen einer Reise bei Lagerfeld gelassen, der sich zunächst erkundigte, ob sie Bakterien habe. Später wollte der Modepapst das Haustier nicht wieder hergeben und erzürnte damit seinen Freund. Lagerfeld bekam Choupette dann geschenkt, und es herrschte wieder Frieden. Giabiconi berichtet, dass sich jetzt die Gouvernante Françoise aus dem Haushalt von «KL» um die Edelkatze kümmere.

Der langjährige Kreativdirektor des Modehauses Chanel war bis zuletzt ein Arbeitstier, unterstützt von einem treu ergebenen Hofstaat, den er um sich scharte. «Karl machte mindestens zehn Sachen gleichzeitig.» Eine Schwäche? Die Pünktlichkeit. Mittagessen hätten stets nach hinten verschoben werden müssen. Im Sommer ging es in die Ferien an der Côte d'Azur. Das Wetter ist schön. «Karl, willst Du nicht baden?», lautet einmal die Frage. «Bist Du verrückt? Man sieht zu viele Gräuel an Swimmingpools!» Der vielsprachige Lagerfeld sei Weltbürger gewesen, habe sich gleichzeitig als Hanseat gesehen und eine besondere Hamburg-Nostalgie gepflegt. «Er war von Geburt bis zum Tod deutscher Bürger», resümiert Giabiconi in dem Buch.

Das Rätsel über Lagerfelds Alter wird in «Karl et moi» nicht gelöst. Er habe das Thema nie angesprochen, so Giabiconi, der nach eigenem Bekunden viele Sonntage in der pharaonischen Wohnung seines Mentors mit Seine-Blick verbrachte. Lagerfeld war als Sohn eines Dosenmilch-Fabrikanten zur Welt gekommen - nach eigenen Angaben im September 1935, womit er 83 Jahre alt geworden wäre. Als Geburtsjahre kursierten aber immer auch 1933 und 1938.

Der 30 Jahre alte Giabiconi ist laut einer Agentin zwischen Paris, London und Marseille unterwegs und gründete eine Agentur für junge Talente. Die Entourage Lagerfelds stehe ihm skeptisch gegenüber, ist in der Mode-Szene zu hören. Was hätte der «Kaiser» zu den coronabedingten Ausgangsbeschränkungen in Frankreich gesagt? Lagerfeld wäre erschüttert, antwortete Giabiconi dem «Soir»: ««Baptiste, das habe ich nie erlebt»», so hätte seine Antwort gelautet. Lagerfeld wäre allein in seiner Pariser Wohnung - allein mit Choupette.

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