Alain Berset präsentiert den Prämienschock für 2023
Heute präsentiert Bundesrat Alain Berset den geplanten Anstieg der Krankenkassenprämien. Im Mittel werden die Prämien 2023 um 6,6 Prozent steigen.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Alain Berset präsentiert heute den geplanten Prämienanstieg für das Jahr 2023.
- Die Prämien werden für 2023 im Schnitt um 6,6 Prozent auf 334,7 Franken ansteigen.
Gemeinsam mit BAG-Direktorin Anne Lévy präsentiert Bundesrat Alain Berset heute in Bern den geplanten Anstieg der Krankenkassenprämien 2023. Nach der leichten Senkung des vergangenen Jahres werden die Prämien heuer erheblich steigen. Bundesrat Alain Berset betont, dass die Entwicklung der Prämien die Entwicklung der Kosten widerspiegeln müsse.
Die Krankenkassenprämien steigen 2023 um durchschnittlich 6,6 Prozent. Die mittlere Monatsprämie wird sich damit auf 334,70 Franken belaufen. Zurückzuführen ist das auf die Covid-19-Pandemie und die Nachholeffekte etwa durch verschobene Eingriffe.
Berset: «Warnsignal für alle»
Nach vier Jahren relativer Stabilität sei der Anstieg «beträchtlich» und «unangenehm»: «Was heute passiert, ist ein Warnsignal für alle Leistungserbringer und alle Akteure im System», so Berset gegenüber Nau.ch.
Noch immer belaste die Coronavirus-Pandemie das Gesundheitssystem stark. So sei es auch in erster Linie die Pandemie, welche die Gesundheitskosten in die Höhe getrieben habe. Über Jahre hinweg sei ein solcher Anstieg aber nicht verkraftbar. «Es ist vielleicht, so hoffe ich, einfach dieses Jahr speziell, denn es war unübersichtlich, was mit der Pandemie passiert ist.»
Gleichzeitig seien es aber auch andere Faktoren, die einen steigernden Einfluss auf die Gesundheitskosten nehmen. Als Beispiele solcher Faktoren nennt Anne Lévy insbesondere den wissenschaftlichen Fortschritt und den demografischen Wandel.
Berset betont im Interview, über die letzten fünf Jahre gerechnet seien die Prämien im Schnitt 1,5 Prozent gewachsen. Das sei viel tiefer als die fünf Jahre davor mit 3,8 Prozent jährlichem Prämienwachstum. «Das zeigt: Wenn wir wirklich dezidiert etwas tun, kann man schon etwas erreichen.»
Am stärksten steigen die Prämien in den Kantonen Neuenburg (+9,5 Prozent) und Appenzell Innerrhoden (+9,3 Prozent) an. Am leichtesten trifft die Prämiensteigerung den Kanton Basel, wo sie lediglich 3,9 Prozent beträgt.
Corona-Pandemie als Auslöser des Kostenanstiegs
Die Berechnung der Prämien basiert auf Schätzungen. Nach Angaben des BAG waren diese durch die Pandemie besonders schwierig. Es zeigte sich indessen, dass die Prämien 2021 und 2022 die Kosten nicht deckten. Deshalb ist der Nachholprozess 2023 vom Gesetz her zwingend.
Die Pandemie verursachte zum einen direkte Kosten, etwa für Spitalbehandlungen und Impfungen. Zum anderen verursachte sie indirekte Kosten, unter anderem durch verschobene Eingriffe.
Diese Verschiebungen führten zu Nachholeffekten, die ab der zweiten Hälfte 2021 stark zunahmen. Das schlug sich in einem Kostenwachstum von 4,5 Prozent nieder. Die Gesundheitskosten stiegen zudem im ersten Halbjahr 2022 weiter.
Alain Berset räumt Fehler in der Vorhersage ein
Gesundheitsminister Berset gibt zu, dass das BAG diese Nachholeffekte unterschätzt habe. «Wir hatten den Eindruck, die Effekte würden viel weniger stark ausfallen.» Überdies sei man auch davon ausgegangen, dass die Nachholeffekte «viel langsamer» zum Tragen kommen würden.
Gleichzeitig betont der Bundesrat: «Wir machen diese Berechnungen nicht in der Küche des BAG.» Die Vorhersage des Nachholeffekts sei äusserst komplex. Sowohl die Versicherer, als auch die Konjunkturforschungsstelle der ETH und die zuständigen Bundesbehörden hätten den Effekt unterschätzt.
Kein Ende des Kostenwachstums in Sicht
Ein Ende des Kostenwachstums im Gesundheitssektor ist gemäss dem Bundesamt nicht in Sicht. Der medizinisch-technische Fortschritt, das zunehmende Leistungsvolumen und die alternde Bevölkerung treiben die Kosten weiter an.
Das BAG verweist indessen auf Massnahmen zur Kostendämpfung. Die Hebel dabei sind etwa eine Begrenzung von Überangebot und -nachfrage. Doch auch Tarifanpassungen im ambulanten Bereich, die Spitalplanung und mehr Transparenz in der obligatorischen Krankenversicherung sollten zum Tragen kommen.
Kürzlich verabschiedete der Bundesrat ein zweites Massnahmenpaket zur Kostendämpfung und einen Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte. Zudem ist eine Verordnungsänderung in der Vernehmlassung, welche etwa die Generika-Förderung vorsieht. Bereits umgesetzt sind unter anderem die Senkung der Labortarife und der Medikamentenpreise.