FDP-Portmann hat in der «Arena» zum Nahostkonflikt Verständnis für Israels Vorgehen, SP-Roth sagt, man könne Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen.
«Arena»
Micheline Calmy-Rey kritisiert die Schweizer Doppelmoral im Nahostkonflikt. - srf, keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Micheline Calmy-Rey prangert die Schweizer Doppelmoral im Nahost-Konflikt an.
  • SP-Roth betont, man könne Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen.
  • FDP-Portmann sieht die Schweiz und die EU als Zuschauerinnen auf der Ersatzbank.
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Seit über einem Jahr eskaliert der Nahost-Konflikt immer weiter. Begonnen hat es mit dem Hamas-Massaker, es ging weiter mit der Gaza-Bodenoffensiven und dauernden Auseinandersetzungen mit der Hisbollah. Auch im Libanon sind mittlerweile israelische Bodentruppen im Einsatz, der Iran hat ebenfalls Raketen abgefeuert. Ein grosses Thema im Konflikt sind mögliche Verletzungen des humanitären Völkerrechts.

Urs Saxer, Völkerrechtsprofessor an der Universität Zürich, sagt in der «Arena», die Hamas habe einen klaren Verstoss begangen. Dadurch habe Israel das Recht auf Selbstverteidigung erhalten. «Bei dessen Ausübung gibt es aber grosse Fragezeichen in Bezug auf das Völkerrecht.» Denn das Recht auf Selbstverteidigungsrecht sei nicht das Recht auf Vergeltung oder Rache.

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Urs Saxer, Völkerrechtsprofessor an der Universität Zürich, in der «Arena». - srf

Die Fragen seien nun, ob die Kriegsführung Israels verhältnismässig sei. Und ob die Hamas im dicht besiedelten Gazastreifen zu einem «vernünftigen» Preis eliminiert werden könne. Die Grundsätze, dass es ein sinnvolles Ziel brauche und Zivilisten nicht in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen, würden «klar nicht eingehalten».

FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann findet es zu einseitig, das Völkerrecht nur gegen Israel und für die palästinensische Seite auszulegen. «Die Geschichte fing viel früher als am 7. Oktober an», Israel sei seit dem ersten Tag mit Raketen beschossen worden. Dem palästinensischen Volk sei der Hass auf Juden so indoktriniert worden, dass Israels Existenz bekämpft werde.

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FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann in der «Arena». - srf

Er wolle die Völkerrechtsverletzungen nicht entschuldigen, betont Portmann in der «Arena». Doch beide Seiten würden sie begehen.

SP-Roth in «Arena»: Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen

SP-Ständerätin Franziska Roth sagt, sie stehe zu hundert Prozent hinter der israelischen Bevölkerung. Nicht aber hinter Netanjahu und seiner Art der Auslegung der Verteidigung. Es gehe darum, das Völkerrecht einzuhalten. «Das erwarte ich von einem aufgeklärten, israelischen Staat

Sie betont auch: «Unrecht kann man nicht mit Unrecht bekämpfen.» Portmann hingegen sagt, es sei schwierig, wenn eine Seite das Völkerrecht einhalte und die andere nicht. Irgendwann komme man zum Punkt, an dem man die eigenen Leute schützen wolle. «Auch mit Mitteln, die nicht rechtsstaatlich sind. Dafür habe ich Verständnis.»

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SP-Ständerätin Franziska Roth in der «Arena». - srf

Völkerrechtsexperte Saxer sagt, die Hamas habe Völkerrechtsverletzungen begangen, das sei unbestritten. Israel könne sich aber nicht darauf berufen und das Gleiche tun. Das sei nicht zulässig.

In der «Arena» wird ein Interview von Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey gezeigt. Dort sagt sie: «Die Schweiz steht für Doppelmoral. Ich schäme mich manchmal für die Schweiz.» Bei Russland habe man die Völkerrechtsverletzungen verurteilt und Sanktionen ergriffen, was richtig sei. «Gegenüber Israel zeigt man eine gewisse Toleranz.» Auch kritisiert sie, dass die Schweiz den Staat Palästina in der UN nicht anerkenne.

FDP-Portmann in «Arena»: Wir verurteilen alles gleich

Portmann ist mit der einstigen Aussenministerin nicht einverstanden: «Wir verurteilen alles immer gleich, auch jeden Akt von Israel.» Zudem habe man auch die israelische Botschafterin schon zitiert.

Zum Vorwurf, man weigere sich, Palästina anzuerkennen, beruft er sich auf die UN-Charta. Darin werde aufgelistet, wann ein Staat ein Staat sei: Er brauche eine funktionierende Regierung, die Kontrolle über das Territorium hat und für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen kann. «Das können die Verwaltungen im Westjordanland und im Gazastreifen aber nicht.»

Auch Roth stimmt der ehemaligen SP-Bundesrätin nur teilweise bei: Die Schweiz verurteile im Sicherheitsrat die Völkerrechtsverletzungen, fordere die Geiselfreilassung und den Waffenstillstand. «Wir tragen vieles mit, könnten aber aktiver sein.»

Tut die Schweiz im Nahost-Konflikt genug?

Doch was könnte die Schweiz tun? Roth sagt, es sei an der Schweiz, der EU und der UN, eine politische Lösung zu finden. 57 Staaten hätten zugesagt, Israels Sicherheit zu garantieren, sollte es der Zwei-Staaten-Lösung zustimmen. «Wir brauchen Klarheit und nicht Emotionalität, wir brauchen einen Waffenstillstand. Dann müssen wir schauen, ob Israel zustimmt.»

Portmann aber sagt, Israel sei noch nie unter Druck gestanden, die Zwei-Staaten-Lösung akzeptieren zu müssen. Jetzt müsse so viel Blutzoll gezahlt werden, dass Israel gezwungen sei, Hand dafür zu bieten. «Das ist traurig.» Der FDP-Nationalrat sagt aber auch: «Die EU und die Schweiz sind Zuschauer auf der Ersatzbank.»

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