«Arena»: SP-Marti will aus Grosszügigkeit gegenüber Ukrainern lernen
In der «Arena» wird über den Schutzstatus S der Ukraine-Flüchtlinge gesprochen. Marti, Kälin und Graf wollen ihn anpassen und das Potential nutzen.
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Marti will nicht Privilegien des Schutzstatus S entfernen, sondern allen geben.
- Guido Graf fordert, das Potential der Ukrainer auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen.
- SVP-Fischer möchte die Flüchtlinge je nach Heimatort zurückschicken.
Angefeuert von rechts ist in der Schweiz im Wahljahr 2023 eine hitzige Asyldebatte entbrannt. Neben rund 24'500 Asylsuchenden kamen im vergangenen Jahr 74'500 Flüchtlinge aus der Ukraine in die Eidgenossenschaft. Die Kantone kritisieren den Bund, sie seien überrumpelt und überrannt worden. Grund genug, das Thema in der «Arena» zu diskutieren.
Benjamin Fischer, Nationalrat der SVP, prangert an, dass die Asylzahlen fast auf dem Rekord-Niveau von 2015 seien. «Es können nicht alle in die Schweiz kommen, wir müssen sehr restriktiv sein.» Die Schweiz habe, wenn die Sans-Papiers eingerechnet würden, die 9-Millionen-Grenze geknackt. In der «Arena» fordert er deshalb: «Wir müssen das permanente Bevölkerungs-Wachstum stoppen.»
In der Ukraine herrsche seit einem Jahr Krieg, in Syrien seit 12, in Afghanistan regiere ein Terrorregime, sagt Samira Marti. Diese Weltlage könne man nicht beeinflussen, die privilegierte Schweiz müsse aber solidarisch einstehen, so die SP-Nationalrätin. Politisch verfolgte Menschen erhielten Asyl, Flüchtlinge aus Kriegsgebieten könnten nicht zurückgeschickt werden. «Wenn die Leute hier sind, müssen wir zusammenleben und ihnen nicht unnötige Hürden hinstellen.»
Mit dem Schutzstatus S wurde den Ukraine-Flüchtlingen die Migration in die Schweiz erleichtert. Neben viel tieferen bürokratischen Hürden kommt er auch mit mehr Rechten als der Status F für vorläufig Aufgenommene. Daran stört sich vor allem Guido Graf, der Sozialdirektor des Kantons Luzern.
Am Anfang sei der Schutzstatus S richtig gewesen, mittlerweile aber nicht mehr. Es störe ihn, dass Ukraine-Geflüchtete Sozialhilfe beziehen können und ein Auto besitzen dürfen. Andere Geflüchtete und auch Schweizer Sozialhilfe-Bezüger dürften dies nicht. Diese unterschiedliche Behandlung könne er einem Flüchtling beispielsweise aus Afghanistan nicht erklären. Deshalb fordert der Luzerner Mitte-Regierungsrat: «Wir müssen die Leute gleichbehandeln.»
SP-Marti: «Schutzstatus S ist nicht zu luxuriös»
SP-Vertreterin Marti stimmt zu, Ungleichbehandlung führe zu Problemen. Sie glaubt aber, der Schluss von Graf sei falsch, «der Schutzstatus S ist nicht zu luxuriös». Man könne aus der Grosszügigkeit gegenüber Ukrainern lernen. «Wir sollten nicht Dinge beim Schutzstatus S verbieten, sondern sie allen Flüchtlingen ermöglichen.»
Auch Grünen-Nationalrätin Irène Kälin will aus den Erfahrungen mit dem Schutzstatus S lernen. Dass viele Flüchtlinge privat untergebracht worden seien, habe sehr geholfen: Der Bund sei entlastet und die Integration beschleunigt worden. «Wir müssen das Positive des Status F und das Positive des Schutzstatus S nehmen.» Damit könne eine zukunftsfähige Lösung erarbeitet werden.
«Arena»: SVP-Fischer will Ukrainer je nach Heimatort zurückschicken
Als positiv beim Schutzstatus S sieht Kälin den sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt, trotzdem sind nur 14 Prozent der Ukrainer arbeitstätig. Es gebe ein grosses Potential, das die Schweiz nicht nutze, kritisiert Graf in der «Arena». Den Grund, weshalb Ukrainer nicht eingestellt würden, sieht er im Schutzstatus S. Man müsse anfangen, die Geflüchteten besser zu integrieren.
Kälin pflichtet bei, man müsse die Flüchtlinge für Arbeitgeber attraktiver machen. «Jetzt sollten Investitionen getätigt werden, weil wir nicht wissen, wie lange der Krieg noch geht.» Auch Marti kritisiert die Rückkehrorientierung des Schutzstatus S, davon würden viele Arbeitgeber abgeschreckt. Wenn Flüchtlinge Arbeitsstellen und Ausbildungen fänden, wäre dies auch «die beste Wiederaufbauhilfe».
Auch Benjamin Fischer will «relativ schnell» aus dem Schutzstatus S raus. Dafür schlägt er eine gestaffelte Rückführung der Ukrainer je nach ihrem Heimatort vor. «Denn es ist nicht so, dass in der ganzen Ukraine Krieg herrscht», sagt er und erhält lauten Widerspruch. Kälin, die im April in der Ukraine war, weist in der «Arena» auf die erwartete russische Offensive zum Jahrestag hin.