Beat Jans: Seine 24-Stunden-Verfahren dauern viel länger
Mit Schnellverfahren für Asylsuchende aus Maghreb-Staaten will Beat Jans das Asylwesen entlasten. Doch die 24-Stunden-Verfahren dauern länger als versprochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit Schnellverfahren für Asylsuchende aus dem Maghreb will Beat Jans das System entlasten.
- Doch die 24-Stunden-Verfahren dauern meist viel länger – durchschnittlich 12 Tage.
- Für SVP-Asylchef Pascal Schmid handelt es sich um einen «Marketing-Gag» des SP-Bundesrats.
Das Asylwesen ist am Anschlag – mit 24-Stunden-Verfahren für Migranten mit geringer Aussicht auf Asyl soll der Druck gelindert werden: Seit dieser Woche kommen sie für Menschen aus Marokko, Tunesien oder Algerien in der ganzen Schweiz zur Anwendung.
SP-Bundesrat Beat Jans wollte Nägel mit Köpfen machen: Mit den Schnellverfahren solle gezielt gegen eine kleine Anzahl krimineller Intensivtäter aus dem Asyl- und Ausländerbereich vorgegangen werden.
12 Tage statt 24 Stunden
Doch wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen, handelt es sich bei den 24-Stunden-Verfahren um einen Etikettenschwindel: Im Pilotprojekt in Zürich nahmen die Schnellverfahren nämlich durchschnittlich zwölf Tage in Anspruch, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) erklärt.
Damit seien die Schnellverfahren deutlich kürzer als die Verfahren in den übrigen Asylregionen, die im Durchschnitt rund 50 Tage dauern. Erfüllt wird die plakatierte Zeitvorgabe von 24 Stunden allerdings nicht – bei Weitem nicht.
Dass die Schnellverfahren längst nicht so schnell sind, wie Beat Jans versprochen hatte, lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen: Einerseits kann ein Asylentscheid immer angefochten werden. Die Fristen hierfür betragen zwischen fünf und sieben Tagen.
Andererseits sind bei vielen der Dublin-Verfahren andere Staaten zuständig, sodass die Schweizer Behörden auf eine Reaktion dieser Partner warten müssen: Hier betragen die Fristen bis zu zwei Monate.
Fokus liegt auf Abschreckung
Entsprechend räumt das SEM gegenüber der «NZZ am Sonntag» ein: «Die Eröffnung der Asylentscheide kann aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich nicht innerhalb der ersten 24 Stunden erfolgen.» Tatsächlich gehe es aber nicht darum, die Verfahren innerhalb eines Tages abzuschliessen.
Stattdessen liege der Fokus auf Abschreckung: «Menschen aus Ländern, die gar keine Chance auf Anerkennung haben, sollen kein Asylgesuch mehr in der Schweiz stellen», erklärte Jans. Im Zürcher Testbetrieb habe das funktioniert – die Zahl der Anträge aus den Maghreb-Ländern sei um rund 70 Prozent gesunken.
SVP spricht von «Marketing-Gag» von Beat Jans
Nationalrat und SVP-Asylchef Pascal Schmid ist überzeugt: «Die 24-Stunden-Verfahren sind ein Marketing-Gag von Beat Jans. Es klingt, als wären alle Probleme innert 24 Stunden gelöst, aber das stimmt natürlich nicht», erklärt der Thurgauer.
Überdies handle es sich um reine Symptombekämpfung: Asylsuchende würden aufgrund fehlender Grenzkontrollen weiterhin illegal in die Schweiz einreisen und zunehmend einfach gar kein Gesuch mehr stellen. Ferner kehrten abgewiesene Asylsuchende meistens nicht freiwillig in ihr Heimatland zurück – ob nach 24 Stunden oder nach zwölf Tagen.
Noch langsamer sind die übrigen Asylverfahren hierzulande – auch hier erreicht der Bund seine ambitiösen Zeitvorgaben grossmehrheitlich nicht: So sollten die Dublin-Verfahren nicht länger als 60 Tage dauern.
Im Schnitt nahmen sie 2023 aber 73 Tage in Anspruch. «Beschleunigte Verfahren» wiederum sollten nicht länger als 40 Tage dauern, benötigten durchschnittlich aber rund 88 Tage. Die «erweiterten Verfahren» sollten ihrerseits nicht mehr als 90 Tage in Anspruch nehmen – dauerten im Schnitt aber 315 Tage.