Boris Johnson wird als Premierminister zurücktreten. Für Schweizer Politikerinnen und Politiker bietet der anstehende Wechsel eine Chance für Europa.
Boris Johnson Konservative
Der Chef der Konservativen, Boris Johnson, ist am 7. Juli zurückgetreten. Er wird im Herbst 2022 das Amt des Premierministers abgeben müssen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der britische Premierminister Boris Johnson ist als Parteiführer zurückgetreten.
  • Im Herbst wird er auch sein Amt als Premier abgeben müssen, die Nachfolge ist unklar.
  • Schweizer Aussenpolitiker haben schon Favoriten für die Nachfolge von Johnson.
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Nach Brexit, Corona, dem Ukraine-Krieg und zahlreichen Skandalen sah sich Boris Johnson gezwungen, zurückzutreten. Am Donnerstag trat der Politiker vor die Öffentlichkeit und gab bekannt, nicht mehr Parteianführer der «Conservatives» zu sein. Folglich wird er auch das Amt des britischen Premierministers abgeben müssen – wohl aber erst im Herbst.

Rücktritt unausweichlich

In der Schweiz reagieren Aussenpolitiker und -politikerinnen positiv auf den Rücktritt Johnsons. Hans-Peter Portmann, Gründungsmitglied der «UK-Swiss Friendship Association» und FDP-Nationalrat, sagt auf Anfrage: «Für das Vereinigte Königreich ist es eine Chance.» Zu sehr seien dringende Reformen ins Stocken geraten. Zudem schwäche der «Konfrontationskurs mit der EU die gesamte westliche Welt».

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Hans-Peter Portmann, FDP-Nationalrat und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. - Keystone

Johnson habe es hier nicht geschafft, von «seinen ideologischen Ansichten abzurücken und die übergeordneten Interessen in den Fokus zu stellen». Eine negative Folge des Rücktritts gebe es aber: «Für die geopolitische Stabilität des Westens ist es ein Verlust», so Portmann. Niemand zweifle am Willen von Boris Johnson, «unsere abendländischen Werte» verteidigen zu wollen.

Eric Nussbaumer, SP-Nationalrat und ebenfalls Mitglied der aussenpolitischen Kommission, findet die Entscheidung Johnsons richtig. Es sei eine «allgemeine politische Tugend», von der Parteispitze zurückzutreten, wenn keine Unterstützung mehr da sei. «Dieser Realität konnte sich auch Boris Johnson nicht widersetzen», sagt der Baselbieter.

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Eric Nussbaumer (SP/BL) ist Aussenpolitiker und zweiter Vizepräsident des Nationalrats.
Elisabeth Schneider-Schneiter Mitte
Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) sitzt ebenfalls in der APK-N.

Noch schärfer formuliert es Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte): «Johnson hat seinem Land ein Chaos beschert, nicht zuletzt wegen seiner Brexit-Politik.» Der Rücktritt sei überfällig gewesen, da er schon lange keinen Rückhalt in seinem Kabinett geniesse.

Welcher «Tory» soll es werden?

Einige Aussenpolitiker haben schon Favoriten, die Johnson in wenigen Monaten ersetzen könnten. Hans-Peter Portmann bevorzugt Jeremy Hunt, der schon 2019 gegen Boris Johnson für das Amt des Premierministers angetreten war. Er sei ein aussenpolitisches Schwergewicht, geniesse weltweit hohe Akzeptanz und «würde den Zusammenhalt auf dem europäischen Kontinent wieder stärken».

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Der ehemalige britische Aussenminister, Jeremy Hunt, verlor am 23. Juli 2019 die Wahl zum Parteiführer der Konservativen gegen Boris Johnson. - Keystone

Eric Nussbaumer ist seinem Wunschkandidaten schon einmal begegnet: Tom Tugendhat, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Parlament. «Er hat mir als Parlamentarier einen guten Eindruck gemacht», so Nussbaumer. Tugendhat hat sich am Donnerstagabend in einer Kolumne in «The Telegraph» offiziell für das Amt des Premierministers starkgemacht.

Schneider-Schneiter nennt keine Namen, lediglich «eine Person, die Stabilität und Konstanz bringt und innerhalb Europas eine starke Figur werden kann».

Boris Johnson ist zurückgetreten. Richtiger Entscheid?

Für die Schweiz verändert der Rücktritt indes wenig, sagen alle drei Nationalratsmitglieder. Die Beziehung sei aktuell «hervorragend», sagt etwa Hans-Peter Portmann: «Ich hoffe, dass die angestrebten Kooperationen nicht verzögert werden.» Die beiden Baselbieter Nussbaumer und Schneider-Schneiter halten höchstens fest, dass eine Deblockierung der UK-EU-Beziehungen auch dem Bund helfen könnte.

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