Bundesgericht: Cannabis für Eigenkonsum darf nicht eingezogen werden
Die Polizei darf bis zu zehn Gramm Cannabis für den Eigenkonsum nicht mehr konfiszieren. Dies hat das Bundesgericht in Lausanne entschieden.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer von der Polizei mit Cannabis erwischt wird, musste die Drogen bis anhin abgeben.
- Jetzt hat das Bundesgericht aber entschieden, dass man kleine Mengen behalten darf.
- Da Besitz und Erwerb straffrei sind, dürfe die Polizei nicht von einer Anlasstat ausgehen.
Eine geringfügige Menge Cannabis, die für den Eigenkonsum bestimmt ist, darf nicht gerichtlich zur Vernichtung eingezogen werden. Dies hat das Bundesgericht in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden. Die Grenze liegt bei 10 Gramm.
Für eine Einziehung und Vernichtung fehlt es gemäss den Ausführungen des Bundesgerichts an der gesetzlichen Voraussetzung einer sogenannten Anlasstat. Der Erwerb und der Besitz kleinster Mengen Cannabis sei legal. Dass zuvor mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine strafbare Handlung von einer Drittperson begangen wurde, reiche für den Nachweis der besagten Anlasstat nicht aus.
Bundesgericht: Cannabis, das geraucht wird, darf eingezogen werden
Im konkreten Fall war ein Mann 2019 vom Grenzwachkorps am Bahnhof St. Margrethen kontrolliert worden. Er hatte 2,7 Gramm Marihuana und 0,6 Gramm Haschisch bei sich.
Das Kreisgericht Rheintal sprach ihn vom Vorwurf des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz frei. Es ordnete aber die Vernichtung des Cannabis an. Das Kantonsgericht bestätigte diesen Entscheid.
Wie das Bundesgericht ausführt, wird nur der Konsum von Cannabis als Straftat angesehen und mit einer Ordnungsstrafe geahndet. Daraus folge, dass nur das Produkt beschlagnahmt werden könne, das zum Zeitpunkt der Straftat tatsächlich konsumiert wurde.
Wenn der Straftäter nur eine kleine Menge des Betäubungsmittels besitze, sei dies nicht zulässig: Der Mann erhält sein Cannabis zurück, weil keine Straftat vorliege, schreibt das Bundesgericht.
Vorbereitung nicht strafbar
Das Bundesgericht erinnert daran, dass es gemäss Betäubungsmittelgesetz nicht strafbar ist, Cannabis in kleinen Mengen für den Eigenkonsum zuzubereiten. Nach der Rechtsprechung gehören zu den straflosen Vorbereitungshandlungen insbesondere der Erwerb und der Besitz.
Das höchste Schweizer Gericht hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Tat einer Drittperson als Anlasstat für die Einziehung dienen könnte: beispielsweise der Anbau, die Einfuhr, der Versand oder die Veräusserung von Cannabis-Produkten.
Zwar treffe es zu, dass dem legalen Erwerb oder Besitz von geringfügigen Mengen oftmals strafbare Handlungen von anderen Personen vorausgehen würden. Dies stehe aber nicht fest. Es wäre deshalb unhaltbar von der pauschalen Annahme auszugehen, dass immer eine strafbare vorgelagerte Handlung vorliegen würde. Lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit reicht laut Bundesgericht für die Annahme einer Anlasstat nicht aus.
Unverhältnismässiger Aufwand
Ein entsprechender Nachweis wäre nur mit weiterführenden Ermittlungen möglich. Die Polizei kann nach Ansicht des Bundesgerichts an Ort und Stelle jedoch nicht prüfen, ob dem straflosen Besitz eine rechtswidrige Anlasstat von Dritten vorausgegangen ist.
Es entspreche kaum dem Willen des Gesetzgebers, wenn die Polizei in Bezug auf ein strafloses Verhalten weitere Untersuchungen tätigen und im Hinblick auf eine Einziehung an die zuständige Behörde rapportieren müsste. Ein solcher Aufwand wäre nicht verhältnismässig.