Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Wil SG gefeiert
Im Sonderzug von Bern in die Heimat erklärte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ihre Prioritäten und verriet, wo sie am meisten gelernt hat für Bundesbern.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wurde in ihrer Heimat Wil SG feierlich empfangen.
- Sie wolle dafür sorgen, dass der Bundesrat Lösungen finde, sagte sie zuvor im Interview.
- In Wil habe sie viel gelernt: Zum Beispiel, wie wichtig unspannende Dinge seien.
Der Kanton St. Gallen und die Stadt Wil haben heute die Wahl von Karin Keller-Sutter (FDP) zur Bundespräsidentin gefeiert. Sie kam mit einem Sonderzug in ihrer Heimatstadt an, wo ihr die Behörden den roten Teppich ausrollten.
Die Finanzministerin reiste in Begleitung einer grossen Delegation in die Ostschweiz. Keller-Sutter wird 2025 als Bundespräsidentin die Nachfolge von Bundesrätin Viola Amherd (Mitte) antreten.
Schulkinder, die Stadttambouren und die Wiler Trachtengruppe: Sie alle begleiteten Keller-Sutter drei Tage vor ihrem 61. Geburtstag auf dem Weg vom Bahnhof in der Altstadt.
Dort standen Reden der Sankt Galler Regierungspräsidentin Susanne Hartmann, Bundesrätin Amherd sowie von Keller-Sutter selbst auf dem Programm. Aber auch ein Auftritt des Toggenburger Sängers Remo Forrer.
Auch eine Bundespräsidentin kann nicht befehlen
Zuvor gab Bundespräsidentin Keller-Sutter im Sonderzug noch Einblick in ihre Pläne für 2025. Die wichtigste Aufgabe als Bundespräsidentin: «Dafür sorgen, dass die Sitzung gut vorbereitet ist, dass sie koordiniert ist, dass man zu Lösungen kommt.» Aber «den Tarif durchgeben» gegenüber den – gleichberechtigten – Bundesratsgspänli, das sei schwierig. «Wirklich befehlen oder vorgeben, das können wir nicht.»
Auch repräsentative Aufgaben sieht Keller-Sutter offenbar nicht als ihre Kernaufgabe an. Da sei der Aussenminister gefragt: «Ich habe nicht vor, Ignazio Cassis zu ersetzen.» Aber manchmal gebe es Veranstaltungen oder Anlässe, wo das Protokoll die Anwesenheit der Bundespräsidentin erfordere. «Das werde ich machen, dort wo es mich braucht», räumt sie ein.
Lehrblätz Abwasserreinigungsanlagen
Trotzdem: Jetzt ist sie Bundespräsidentin, repräsentiert die Schweiz. Was nimmt sie mit in die weite Welt aus dem beschaulichen Wil SG?
Sie habe viel gelernt als junge Gemeinderätin, was ihr heute noch helfe, erzählt Keller-Sutter. Auch wenn sie damals nicht alles so spannend fand: Bau- und Verkehrskommission, Sanierung von Abwasserreinigungsanlagen …
Dabei sei das sehr wichtig für die Arbeit im Bundesrat: «Verstehen, was eine Gemeinde ist, wie sie funktioniert, und dann auch die kantonale Politik.» Unser Land sei von unten gewachsen, aus den Gemeinden und Kantonen.
Viola Amherd: «Wunderschönes Jahr!»
Ganz so formell dürfte das Amtsjahr als Bundespräsidentin aber nicht werden, sofern man der Vorgängerin Viola Amherd glauben darf. «Es war ein wunderschönes Jahr für mich», erzählt sie begeistert an der Feier ihrer Nachfolgerin. Aber andererseits sei es auch sehr streng gewesen – weshalb sie auch froh über ruhigere Zeiten.
Bleibend in Erinnerung sind Amherd die Begegnungen mit der Bevölkerung: Sei es bei Sitzungen ausserhalb des Bundeshauses, Treffen mit Kindern und speziell unvergesslich das Treffen mit Schweizer Holocaust-Überlebenden.
Daneben die Auslandkontakte mit Staatschefinnen und -chefs: «Das war alles extrem spannend.» Tipps für Kollegin Karin habe sie keine, das brauche diese nicht. Für Fragen sei sie immer da, aber sie werde antworten: «Man muss besonders in diesem Jahr auch Nein sagen können.»
Als Geschenk erhielt die Neu-Bundespräsidentin von der Alt-Bundespräsidentin eine Schürze. Eine Schürze für Frau Keller von Amherd – das soll aber keine Anspielung auf Geschlechter-Klischees sein. Es ist die Schürze, die Amherd beim obligaten Olma-Besuch inklusive Ferkel-Knuddeln anhatte. Da dies wohl Kollegin Keller-Sutter auch bevorstehe, könne sie die Schürze sicher gut gebrauchen.
Keller-Sutter-Fans: «Mir hend de Plausch!»
Die Bevölkerung von Wil SG ist vor allem stolz: So weit in der Ostschweiz draussen eine eigene Bundesrätin – und jetzt auch noch Bundespräsidentin. Andere finden die Herkunft weniger wichtig, aber die Würdigung der Person dafür um so mehr.
«Ich finde das ein gutes Gefühl», sagt Zuschauerin Edith gegenüber Nau.ch. «Wir haben den Plausch und ich kenne sie gut von früher.»
Sie hoffe, Karin Keller-Sutter bekomme die Finanzen in den Griff. Und behalte sie auch im Griff, aber «für mich ist sie die beste».