Coronavirus: Für Task Force und BAG reichen Massnahmen nicht aus
Die Situation mit dem Coronavirus ist weiterhin kritisch, und Weihnachten steht vor der Tür. Vom Bundesrat werden Verschärfungen gefordert.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will nach wie vor keinen Lockdown, obwohl der R-Wert kontinuierlich steigt.
- Die Unispitäler wollen mehr Massnahmen, das Personal ist am Anschlag.
- Das BAG, die Task Force und weitere Fachpersonen teilen diese Ansicht.
Die Schweiz steuert auf eine sehr kritische Situation zu: Das ist die Bilanz der heutigen Medienkonferenz mit BAG, Task Force und Kantonsärzte. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse:
– Das BAG, aber auch die Kantonsärzte und Task Force wollen schärfere Massnahmen. Diese ähneln einem Lockdown; Läden zu, Restaurants ebenfalls. Doch erst am Freitag wird der Bundesrat entscheiden können, wie es weitergeht.
– Die Reserve in den Spitälern ist kritisch. Plätze in Akut- und Intensivstationen gibt es zwar noch, aber das Personal ist am Limit.
Hier können Sie das Protokoll der Medienkonferenz lesen:
15:09 Auch für Investoren, Unternehmen und Konsumenten sei es von Vorteil, wenn die zweite Welle schnell unter Kontrolle gebracht werde. Es gebe zwischen Gesundheits-, Konjunktur-, und Wirtschaftspolitik keine Widersprüche, so Scheidegger.
15:01 Das aktuelle Übertragungsproblem in der Schweiz könne man nicht nur mit Quarantäne-Anordnungen lösen. Es brauche auch einen Schutz und Selbstschutz von vulnerablen Personen. Die Task Force sei aber auch der Meinung, dass die Quarantäne in Zukunft weiterhin nützlich sein werde.
14:58 Sowohl das BAG, als auch die Task Force, als auch die Kantonsärztinnen und -ärzte erwarten schnell präzise Massnahmen. Sie würden sich aber nicht über den politischen Prozess äussern. Alle seien jedoch mit der aktuellen Situation unzufrieden.
14:56 Die Schliessung am Sonntag sei sinnvoll, um Kontakte einzuschränken. Und doch sei die Kundenmasse, auf weniger Tage konzentriert, stelle ein Problem dar, so Mathys.
Es sei jetzt an den Kantonen, und Bergregionen, geeignete Schutzkonzepte gegen das Coronavirus in Kraft zu setzen.
Task Force will einen Lockdown
14:48 Könnte Martin Ackermann selber Massnahmen ergreifen, würde er so schnell wie möglich Restaurants und nicht-essentielle Läden schliessen. Ausserdem würde er eine strikte Homeoffice-Regelung einführen, sagt er.
14:43 Die Task Force empfehle, zwischen den Weihnachtsferien und dem Schulanfang eine Art Quarantäne anzuordnen. So könne man einen Infektionsboom besser verhindern. (Der Kanton Zürich hat schon eine ähnliche Massnahme ergriffen.)
14:40 Martin Ackermann hat das Gefühl, dass die Task Force gehört werde. Jedoch gebe es zahlreiche Faktoren, und einen schwierigen Entscheidungsprozess.
14:34 Eric Scheidegger (Seco) stellt die Konjunktur-Prognosen des Bundes vor. Das BIP habe einen historischen Einbruch erlebt; doch im Basisszenario werde das Wachstum von plus 3,8 Prozent auf plus acht Prozent korrigiert.
Die Wirtschaft werde sich im Frühjahr stabilisieren, nicht zuletzt auch wegen einer Impfung gegen das Coronavirus. Das werde auch Investitionen ankurbeln. Es gebe aber auch negative und positive Alternativszenarien. Das Basisszenario ist der Mittelweg.
14:29 Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, spricht über die logistischen Herausforderungen eines Impfplans. Es werde mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, so der Zuger.
Das Contact Tracing des Coronavirus funktioniere je nach Kanton unterschiedlich gut – oder schlecht. Infektionshorte seien immer noch der private Rahmen: «Wir müssen unsere Kontakte noch mehr einschränken.»
14:23 Die Task Force sei der Meinung, dass die Massnahmen vom 11. Dezember nicht ausreichten. Das sagt Martin Ackermann, Präsident der Task Force. Die Task Force empfehle deswegen Massnahmen wie diejenigen, welche in Genf ergriffen wurden.
Die Schweiz habe weder Zeit noch Spielraum, um abzuwarten, ob Massnahmen wirkten oder nicht. «Jeder Tag zählt», so Ackermann. Es gehe darum, so wenige Kranke und Tote wie möglich zu haben.
Intensivplätze werden knapp
14:18 Zehn Kanton melden heute, dass ihre Intensivplätze komplett ausgelastet sind. Darunter die Kantone Freiburg, Tessin und Solothurn.
«Wir haben Reserven. Wir müssen aber Sorge tragen zu diesen Plätzen», sagt Andreas Stettbacher. Das Personal sei sehr stark belastet, auch in Alters- und Pflegeheimen, sowie das Spitexpersonal.
14:13 Good News: Der Covid-Dashboard zur IPS-Belegung in der Schweiz wird zur Verfügung gestellt. Das sagt Andreas Stettbacher, Leiter des Koordinierten Sanitätsdienstes.
Es gebe eine Intensiv-Reserve von 22 Prozent, Stand 11:30 Uhr. Die Akut-Reserve beträgt laut Daten des Bundes 25 Prozent. Auf den Akut-Stationen sind vierzehn Prozent der Patientinnen und Patienten an Covid erkrankt.
Bei den IPS (Intensivpflegestationen) sind es 57 Prozent, so Stettbacher. Es sei eine langsame Zunahme zu verzeichnen. Die Reserve von zertifizierten Intensivbetten wird immer knapper, wie sich vom Diagramm ablesen lässt.
Trendwende in negative Richtung
14:06 Die Trendwende habe eine negative Richtung eingeschlagen. Es sei aber nicht klar, ob schon von einer dritten Welle des Coronavirus zu reden sei. Es seien auch mehr Todesfälle zu erwarten, bei dieser Variable habe sich ebenso ein Plateau gebildet.
In den Gesundheitseinrichtung seien wir schon an der Grenze des Möglichen, so Mathys. Die Schweiz sei im internationalen Vergleich «sicher kein Musterbeispiel», was die Bewältigung der zweiten Welle betreffe.
Mathys weibelt schon fast für strengere Massnahmen: Sonst könne sich die Situation nur verschlechtern.
14:00 Patrick Mathys (BAG) sagt, er wäre heute gerne mit positiven Nachrichten an die heutige Medienkonferenz gekommen. Aber das sei nicht möglich, er müsse «den Warnfinger zu erheben». Die Tendenz zeige in eine Richtung, und zwar gegen oben.
Die Fallzahlen und Hospitalisationen könnten in nächster Zeit wieder «deutlich zunehmen». Mit viel Optimismus sei eine Stagnation zu sehen, aber sie weiche einer leichten Zunahme, so Mathys. Die Inzidenzen seien ebenfalls gestiegen.
Mit dem R-Wert, aktuell bei 1,13, sei eine Verdoppelung der Fallzahlen innert eines Monats zu erwarten. In der Westschweiz nähere sich der R-Wert ebenfalls wieder 1.
R-Wert des Coronavirus steigt an
Die Unruhe rund um das Coronavirus steigt, und die Fallzahlen gleich mit ihr. In der Deutschschweiz steigen die Neuinfektionen deutlich. Die Romandie hingegen verzeichnet dank erst kürzlich gelockerten Massnahmen noch tiefere Fallzahlen.
Der Reproduktionswert des Coronavirus, welcher immer mit etwa zehn Tagen Verzögerung geschätzt werden kann, liegt bei 1,13. Diese Schätzung der Task Force stammt aber vom 4. Dezember. Es liegt nahe, dass der effektive Reproduktionswert schon wieder angestiegen ist.
In den Spitälern ist die Belegung der IPS (Intensivpflegestationen) kritisch. Das Zürcher Unispital fordert einen totalen Lockdown, um das Personal zu entlasten. Der Bundesrat will einen solchen jedoch um jeden Preis verhindern.
Folgende Fachleute nehmen teil:
– Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG
– Martin Ackermann, Präsident, National COVID-19 Science Task Force
– Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
– Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
– Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst KSD