Coronavirus: Bundesrat schickt Armee in Spitäler

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Bern,

Europaweit steigen die Fallzahlen, in der Schweiz ist die Romandie am stärksten vom Coronavirus betroffen. Der Bundesrat ergreift neue Massnahmen.

Berset Amherd
Alain Berset und Viola Amherd nach der Pressekonferenz vom 4. November 2020. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Woche ist seit den Verschärfungen der bundesrätlichen Corona-Massnahmen vergangen.
  • Der Bundesrat informierte heute zur aktuellen Lage und zu den neuen Entscheiden.
  • Im Fokus standen die Härtefälle, der Sport und den Einsatz der Armee in Spitälern.

Der Bundesrat informierte nach seiner wöchentlichen Sitzung erneut über das Coronavirus. Die Exekutive ergriff heute mehrere Massnahmen, um der Wirtschaft zu helfen. Auch entschied der Bundesrat, die Unterstützung der Spitäler durch Sanitätskorps der Armee zu genehmigen. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse:

– Bundesrat Alain Berset zeigte sich optimistisch, was die Besetzung der Intensivplätze der Spitäler anbelangte. Rund 300 der Betten in Intensivstationen schweizweit seien noch frei, einen Drittel aller Plätze seien von nicht-Covid Patienten besetzt. Es sei jetzt die Verantwortung der Kantone, miteinander Patientinnen und Patienten zu vermitteln und Wahleingriffe zu verschieben.

– Der professionelle und semiprofessionelle Sport bekommt 350 Millionen Franken vom Bundesrat. Zudem wird das VBS prüfen, ob weitere Beiträge à fonds perdu nötig sein werden.

Maurer
Finanzminister Ueli Maurer erklärt an der Pressekonferenz vom 4. November 2020 die Härtefallverordnung. - Keystone

– Die Härtefallverordnung wird am 1. Dezember in Kraft treten. Der Bund wird die Kantone mit bis zu 50 Prozent der totalen Ausgaben unterstützen. Es sei aber an den Kantonen zu definieren, was Härtefälle seien. Auch die konkrete Ausgestaltung der Hilfe liegt bei den Kantonen.

– Die Armee wird auf Anfrage der Kantone das Gesundheitssystem unterstützen, wie auch schon im Frühling. Maximal 2500 Armeeangehörige werden den Kantonen zu Verfügung gestellt.

Hier können Sie das Protokoll der Pressekonferenz nachlesen:

15:50 Die Pressekonferenz ist nach einer Frage an den Armee-Chef beendet. Dieser bestätigte nochmals, dass die Armee nur dort eingesetzt werde, wo sie gebraucht werde.

15:40 Steuererhöhungen für die nächsten Jahre wegen des Coronavirus schliesst Maurer aus. Die Wirtschaft brauche jetzt Luft und Handlungsspielraum.

15:32 Zu den Beträgen, die an Härtefälle gehen würden, will Ueli Maurer noch nicht spekulieren. Es sei ihm aber wichtig, dass der Steuerzahler nicht immer «als erster Soldat» für das Geld aufkommen müsse. Es gebe auch andere Faktoren und Möglichkeiten, die für die Entscheidung der Geldverteilung beachtet werden müssten. «Das sind dann harte Entscheide», so Maurer.

15:28 «Ein Bett ohne Personal bringt nicht viel», sagt Alain Berset. Das Hauptproblem seien nicht unbedingt die Betten oder die Beatmungsgeräte, sondern die Fachleute. Die Situation liesse sich aber bewältigen, wenn sich die Kantone koordinierten, wiederholt der Gesundheitsminister.

Coronavirus
Medizinisches Personal betreut eine am Coronavirus erkrankte Patientin in Fribourg. - keystone

Auch Virginie Masserey bestätigt die Frage des Personalmangels: Es sei entscheidend.

15:21 Alain Berset wird mit der GDK (Gesundheitsdirektorenkonferenz) zusammen einen Brief verfassen, der sich an die Kantone richten wird. Darin werden sie gebeten, die Wahleingriffe zu begrenzen.

Die Kantone seien verpflichtet, auf diese Eingriffe zu verzichten. Das Covid-19-Gesetz regle, dass die Spitäler genügend Intensivplätze bereitstellen müssten. Dazu gehöre eben auch den Verzicht auf die Wahleingriffe.

15:10 Berset unterstreicht die Wichtigkeit der Begrenzung und Verschiebung von Wahleingriffen in den einzelnen Kantonen. Auch so könne die Kapazität der Intensivstationen überall sichergestellt werden.

15:06 Die Schweiz liege im Vergleich zu ihren Nachbarnationen eher gut da: Der Trend der Neuinfektionen sei überall höher als hier, so Berset.

Coronavirus - Frankreich
Wenige Autos fahren die Champs Elysees entlang in Richtung Triumphbogen. In Frankreich gelten wegen der Corona-Pandemie seit Freitag bis zum 1. Dezember Ausgangsbeschränkungen. - dpa

15:03 Berset präzisiert die Angaben zu der Besetzung der Intensivstationen: Ein Drittel sei durch Covid-Patienten besetzt, ein Drittel durch andere Patienten und ein Drittel sei noch frei. Die Kapazitäten würde gemäss Schätzungen bis Sonntag nicht ausgeschöpft sein.

Das hatte aber Virginie Masserey vom BAG gestern so prognostiziert. Die Situation in den Intensivstationen ändere sich schnell, ergänzt sie heute.

14:51 Ueli Maurer spricht von grossen Herausforderungen für die Schweizer Wirtschaft. Der Finanzminister sagt, die grösste Schwierigkeit sei die Planungsunsicherheit der nächsten paar Jahre.

Doch habe sich die Situation seit dem Frühling geändert: Die Banken könnten jetzt Kredite gewähren. Zudem gebe es keinen totalen Lockdown, also müssten auch nicht flächendeckende Massnahmen erlassen werden. Der Bund und die Kantone würden sich lediglich auf Härtefälle konzentrieren müssen.

ueli maurer zinssatz
Finanzminister Ueli Maurer informiert die Medien über das vom Bundesrat beschlossene Milliarden-Hilfspaket für die Wirtschaft. - Keystone

Das Parlament soll in der Wintersession wieder die Definition der Härtefälle überprüfen. Ebenso müsse die Höhe der Entschädigung definiert werden, so Maurer. Die Härtefallverordnung wird am 1. Dezember in Kraft treten.

Maurer zeichnet ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Zukunft: Es müsse mit Konkursen gerechnet werden, auch dürfte die Arbeitslosenzahl steigen. «Es braucht eine hohe Ausgabendisziplin, es braucht eine hohe Finanzdisziplin», fasst der Finanzminister die Ziele zusammen.

14:44 Nun spricht die VBS-Vorsteherin, Bundesrätin Viola Amherd. Die Kantone Jura, Wallis, Bern und Freiburg hätten schon die Unterstützung der Armee angefordert. Die Gesuche würden vom Bund geprüft.

vbs viola amherd Bundesrat
Bundesrätin und Vorsteherin des VBS Viola Amherd. - keystone

Für die nächsten Jahren stünden mehrere Hundert Millionen Franken dem Sport zur Verfügung, um die finanziellen Folgen des Coronavirus abzufedern. Doch sei es auch möglich, dass der Sport längerfristig Hilfe benötigen würde. Deswegen müsse das VBS weiter untersuchen, ob Beiträge à fonds perdu nötig sein werden.

14:33 Bundesrat Berset ergreift das Wort: Die Lage sei immer noch angespannt, die Inzidenz sei innerhalb von einer Woche auf 1100 gestiegen. Auch die Spitäler füllten sich, die Kapazität der Plätze dürfe nicht ausgeschöpft werden.

Private Kliniken sollen mit den kantonalen Behörden arbeiten, um möglichst viel Personal und Ressourcen bereitstellen zu können, so Berset weiter. Ebenso sei die interkantonale Solidarität wichtig.

Alain Berset
Gesundheitsminister Alain Berset an einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem Bundesrat. - Keystone

«Man beginnt zu sehen, dass die Massnahmen wirken», sagt Berset zur aktuellen Lage. Das Wachstum der Fallzahlen habe sich seit Anfang Woche verlangsamt, ebenso sei keine Verdoppelung mehr zu verzeichnen.

Die Massnahmen seien schwierig, vor allem für betroffene Wirtschaftsakteure. Das sei sich der Bundesrat bewusst, sagt Berset. Doch man versuche, ihnen finanziell beizustehen, mit den heute ergriffenen Massnahmen.

Die neuen Massnahmen des Bundesrats

Der Bundesrat hat heute eine Verlängerung des Corona-Erwerbsersatzes für Personen beschlossen, die wegen der Massnahmen ein faktisches Arbeitsverbot haben. Die Verlängerung gilt auch für Personen, die «massgebliche Umsatzeinbusse» wegen Corona einstecken mussten. Damit hilft der Bund den am stärksten betroffenen Personen: Veranstalter, Kulturschaffende, Gastrobetreibende und Beschäftigte in der Reisebranche.

Zudem eröffnete der Bundesrat eine Vernehmlassung zur Härtefallverordnung des Covid-19-Gesetzes. Auch soll sich der Bundesrat mit bis zu 50 Prozent an die finanzielle Unterstützung durch die Kantone beteiligen.

Armee rückt ein

Weiter hat der Bundesrat entschieden, erneut den Einsatz der Armee im Gesundheitswesen zu genehmigen. Maximal 2500 Armeeangehörige sollen zum Einsatz kommen. Die Kantone sollen Gesuche einreichen und aufzeigen können, dass die jetzigen Mittel nicht ausreichen. Der Beschluss des Einsatzes wird bis höchstens nächsten Frühling gültig sein.

Unterstützung für den Sport

Auch der Sport erhält Hilfe vom Bundesrat: Professionelle und semiprofessionelle Klubs dürfen direkt Unterstützung beanspruchen. Mit einem Darlehen von insgesamt 350 Millionen Franken sollen die Folgen von Corona für Mannschaftssports abgefedert werden.

Fussball Coronavirus
Leere Stadien, eingestellter Spielbetrieb: Die Schweizer Fussballliga bekommt die Corona-Krise hart zu spüren. Der Bundesrat sieht nun eine weitere Finanzspritze vor. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE

Einzelne Klubs können ein Darlehen von bis zu einem Viertel ihres Betriebsaufwands der Saison 2018/19 erhalten. Fürs Zurückzahlen haben die Klubs höchstens zehn Jahre Zeit. Zudem soll das VBS bis Dezember weitere Beiträge für die Unterstützung des Sports prüfen.

Coronavirus: Fälle steigen weiter

Heute meldete das Bundesamt für Gesundheit über 10'000 neue Fälle und über siebzig Tote. Gestern sprach die Leiterin der Sektion für Infektionskontrolle, Virginie Masserey, von einer leichten Verlangsamung des Wachstums des Coronavirus. Doch dieses bleibt exponentiell.

Virginie Masserey Coronavirus
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im BAG. - Keystone

Es sei gemäss Masserey noch zu wenig Zeit vergangen, um einzuschätzen, ob die erlassenen Massnahmen etwas bewirkten. Die Intensivstationen jedoch füllen sich immer mehr: Die vier Kantone Waadt, Neuenburg, Genf und Freiburg verhängten einen Teil-Lockdown, um die Spitäler zu entlasten.

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