Credit Suisse: Ständerat stimmt Milliarden-Garantien zu
Der Ständerat hat die Garantien für die Übernahme der Credit Suisse mit 29 zu 6 Stimmen angenommen. Ein anderer Entscheid wäre als Rüge zu verstehen gewesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit heute Mittag läuft die Sondersession zum Debakel rund um die Credit Suisse.
- Der Ständerat hat die Milliarden-Garantien für die Übernahme der Credit Suisse angenommen.
- Am Abend wird der Nationalrat beraten. Ein Nein wäre als Rüge an den Bund zu verstehen.
Im Rahmen einer ausserordentlichen Session beraten National- und Ständerat seit heute Mittag über das Debakel rund um die Credit Suisse. Das Geld ist indes bereits gesprochen, daran kann das Parlament nichts mehr ändern. Dennoch dürfte die Debatte bis spät in die Nacht andauern: Die Parteien werden die grosse Bühne zweifelsohne dafür nutzen, um sich für die Wahlen 2023 zu positionieren.
Nach mehr als fünfstündiger Debatte hat der Ständerat den Milliarden-Garantien zähneknirschend zugestimmt: Die kleine Parlamentskammer ist enttäuscht darüber, dass sich die «too-Big-to-fail»-Regulierungen im Fall der Credit Suisse als untauglich erwiesen hatten. Von Links bis Rechts verlangen alle Beteiligten eine Revision der entsprechenden Gesetzgebung.
Darüber, dass das Management zur Verantwortung gezogen werden müsse, scheinen sich ebenfalls alle einig zu sein. In diesem Kontext bezeichnet FDP-Parteipräsident Thierry Burkart verantwortungslose Manager als «Totengräber der freien Marktwirtschaft». Gleichzeitig herrscht reichlich Uneinigkeit darüber, wie rasch und an welcher Stelle die Politik nun handeln müsse: Während Mitte und FDP vor Schnellschüssen warnen, verlangen SVP und Links-Grün Tempo.
Schliesslich verlangt vornehmlich die rechte Ratshälfte, dass sich der Umgang mit den bundesrätlichen Notrechtskompetenzen künftig wieder normalisiere: Aus Sicht der Bevölkerung sei es unbefriedigend, dass das Parlament dermassen weitreichende Entscheide nur noch absegnen könne. Die Grünen nutzten die grosse Bühne ihrerseits dafür, um einen nachhaltigen Finanzplatz einzufordern.
Ständerat stimmt den Finanzgarantien für die Credit Suisse zu
In der Gesamtabstimmung entscheidet sich der Ständerat für die Bewilligung der Finanzgarantien in Höhe von 109 Milliarden. Ein anderer Entscheid wäre – wie bereits erläutert – höchstens als Rüge an den Bundesrat zu verstehen gewesen. Schliesslich hat sich die kleine Parlamentskammer mit 29 zu 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen gegen diesen «Schlag aufs Handgelenk» entschieden.
Sollten im Zusammenhang mit der Übernahme weitere Mittel benötigt werden, verlangt der Ständerat, dass diese nicht per Notrecht gesprochen werden. Dieser zusätzliche Entscheid ist allerdings höchstens als Appell zu verstehen: Die Klausel könnte vom Bundesrat aufgehoben werden – per Notrecht.
Aktuell befasst sich die Finanzkommission des Nationalrats mit dem Geschäft. Ungefähr ab 17:15 geht der Showdown dann in die nächste Runde: Der Nationalrat wird ebenfalls über die Bewilligung der Finanzgarantien in Höhe von 109 Milliarden beraten. Überdies wird debattiert, ob das CS-Management rechtlich belangt werden könnte. Schliesslich befassen sich die Räte auch mit der Frage, ob die Anwendung des Notrechts im vorliegenden Fall berechtigt war.
Die erste Debatte im Ständerat
Nach einer kurzen Eröffnungsrede von Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG) hat Bundespräsident Alain Berset die Erklärung des Bundesrates verlesen: Man sei aufgrund der Entwicklungen rund um die Credit Suisse zum sofortigen Handeln gezwungen gewesen, um eine Finanzkrise zu verhindern.
Ständerätin Johanna Gapany (FDP/FR) erklärt stellvertretend für die Finanzkommission, dass eine allfällige Ablehnung der Beträge keine bindende Wirkung habe. Die Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte hat die Garantien bereits abgesegnet. Dennoch könne das Parlament die Freigabe der Kredite an Bedingungen für deren Verwendung knüpfen. Ferner verlangt die Finanzkommission eine neue Regulierung, da die «too-Big-to-fail»-Regeln in diesem Fall nicht gegriffen hatten.
SVP kündigte im Vorfeld Ablehnung der Finanzgarantien an
Abseits der Debatte im Ständerat verkündet die SVP-Fraktion, dass sie die Milliarden-Garantien des Bundes ablehnen werde: Der Bundesrat müsse endlich sicherstellen, dass kein Schweizer Unternehmen mehr zu gross sei, um unterzugehen, so die Medienmitteilung. In einer Motion verlangt die Fraktion, dass der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesrevision erarbeitet und dem Parlament vorlegt.
Überdies müssten Massnahmen getroffen werden, um zu gewährleisten, dass Verwaltungsräte von systemrelevanten Unternehmen Entscheidungen im Sinne der Eidgenossenschaft fällen. Im Rahmen der Debatte in der kleinen Parlamentskammer kritisiert SVP-Ständerat Jakob Stark überdies die «inflationäre Verwendung» des Notrechts. Er verlangt ausserdem, dass die Finanzmarktaufsicht (Finma) künftig Bussen verhängen können sollte: «Die Finma muss ihre Beisshemmungen überwinden», erklärt der Thurgauer.
Auch SP-Ständerat Roberto Zanetti nimmt kein Blatt vor den Mund: Der Solothurner ärgert sich über «verantwortungslose Bankster» und darüber, dass sich «diese Klugsch****er» immer wieder dieselben Fehler leisteten.
Der Solothurner findet lobende Worte für Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die als «Feuerwehrkommandantin» mit dem Messer am Hals richtig gehandelt hätte. Bereits im Vorfeld hatte die SP angekündigt, dass die Fraktion den Garantien nur unter Bedingungen zustimmen werde: Nämlich dann, wenn das Parlament im Gegenzug griffige Regeln verlange, um solche Ereignisse künftig zu verhindern.
Schlussplädoyer von Finanzministerin Karin Keller-Sutter im Ständerat
Schliesslich teilt Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit, dass Sie die Gemütslage des Parlaments, den Frust und auch die Ratlosigkeit teile. Gleichzeitig gibt sie zu bedenken: Der Bundesrat habe sich in erster Linie darauf fokussiert, die Schweizer Volkswirtschaft vor grösserem Schaden zu schützen. «Wir hatten keine Zeit, darüber nachzudenken, wie es in einer besseren Welt sein sollte.»
«Ohne drastische Massnahmen an diesem Wochenende hätte die Credit Suisse nicht überlebt», erklärt die Finanzministerin. Wegen des fehlenden Vertrauens sei die Credit Suisse nicht länger überlebensfähig gewesen. Dies, obwohl die Grossbank die Mindestanforderungen der «too-Big-to-fail»-Regulierung erfüllt hatte. Ein ungeordneter Konkurs der Credit Suisse hätte gravierende Folgen nach sich gezogen, für die Schweiz und die gesamte Weltwirtschaft.
Insgesamt wolle die Finanzministerin in diesem Kontext weniger von einer «Zwangsheirat» als von einer «Vernunftehe» sprechen. Auch die UBS habe grosses Interesse daran, dass sich die Finanzmärkte wieder stabilisieren, so Keller-Sutter. Insgesamt müsse sich die Schweizer Eidgenossenschaft die Frage stellen: «Welchen Finanzplatz wollen wir?» Wenn die Schweiz weiterhin ein grosser Player von internationalem Kaliber bleiben wolle, dann werde ein gewisses Risiko auch künftig bestehen.