Darum erhält Trinkwasserinitiative nun FDP-Support
Die Agrarinitiativen sorgen für viel Diskussionen. Die Trinkwasserinitiative, erhält unerwartete Unterstützung aus der FDP. Christian Wasserfallen sagt, wieso.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Trinkwasserinitiative sorgt im Moment für viel Gesprächsstoff.
- Ihre Gegnerschaft besteht mehrheitlich aus Bürgerlichen, doch diese sind gespalten.
- Zwei prominente FDP-Nationalräte unterstützen das Volksbegehren. Hier sind die Gründe.
Am 13. Juni stimmt die Schweiz über zwei Agrarinitiativen ab. Im bürgerlichen Lager stossen beide auf Ablehnung, werden als «zu extrem» abgestempelt. Einige Exponenten tanzen aber aus der Reihe.
Matthias Jauslin (AG) und Christian Wasserfallen (BE), Nationalräte der FDP, sind Teil des liberalen Komitees für die Trinkwasserinitiative. Dieses wird von der Grünliberalen Partei geführt und soll aufzeigen, dass auch aus liberaler Überzeugung der Initiative zugestimmt werden darf.
Die Unterstützung von Christian Wasserfallen überrascht besonders. Der Berner ist etwa vehementer Gegner des CO2-Gesetzes und kritisierte den neuen Öko-Kurs des Freisinns öffentlich.
An einer Medienkonferenz präsentieren die FDP-Männer neben den GLP-Nationalrätinnen Tiana Moser (ZH) und Melanie Mettler (BE) ihre Hauptargumente.
Keine Verbote, sondern Subventionen und Direktzahlungen
Die Trinkwasserinitiative sieht vor, nur noch Landwirtschaftsbetrieben, die pestizidfrei Lebensmittel produzieren, Direktzahlungen zukommen zu lassen. Zudem sollen Tiere nur noch mit eigenem Futter sowie ohne vorbeugende Antibiotika ernährt und auf Biodiversität geachtet werden. Kurz: Wer nicht umweltbewusster Landwirtschaft betreibt, erhält kein Staatsgeld mehr.
Das ist für die beiden Freisinnigen Jauslin und Wasserfallen ein durch und durch liberaler Ansatz für eine ökologischere Agrarpolitik. «Die Entscheidung, welche Anbaumethode gewählt wird, liegt nach wie vor bei den landwirtschaftlichen Betrieben», so Jauslin an der Medienkonferenz. Übrigens ganz anders als bei der Pestizidverbotsinitiative, vermerken beide Nationalräte.
«Es geht hier darum, wie die staatlich finanzierten Direktzahlungen eingesetzt werden», erklärt Wasserfallen auf Anfrage weiter.
Mitglieder der FDP erachten die Lösung als prioritär
Die Freisinnigen haben vergangenes Jahr die sogenannte «Enkelstrategie» verabschiedet. So will die Partei «enkeltaugliche Politik» betreiben, die also auch zukünftige Generationen in Betracht zieht. Laut dem Strategiepapier befürworten 48 Prozent der FDP-Mitglieder eine Änderung der Subventionen für eine ökologischere Landwirtschaft.
Die Massnahme steht über alle anderen vorgeschlagenen Lösungen, wie zum Beispiel «Verschärfung der bestehenden gesetzlichen Instrumente». Für Christian Wasserfallen ist das ein Hinweis darauf, dass die Trinkwasserinitiative die richtige Lösung darstellt: «Die Mitglieder sehen, dass man Subventionen anders einsetzen sollte, um Biodiversität zu schützen.»
Dies, obwohl die Delegierten der FDP im Februar die Nein-Parole fassten. Jedoch sei die Ja-Minderheit in der Partei ziemlich gross, erklären Wasserfallen und Jauslin. Etwa 45 Prozent der Delegierten hätten an der Versammlung Ja gestimmt.
Andere Lösungen sind gescheitert
Während der Frühlingssession 2021 versenkte die Agrarlobby dank des bürgerlichen Lagers im Parlament die Agrarreform AP22+. Das hat bei Befürwortern einer umweltfreundlicheren Landwirtschaft für Unmut gesorgt; auch bei den zwei Vertretern der FDP.
Der Konsens lautet wie folgt: Da die Reform sistiert wurde, muss eine andere Lösung her. «Deshalb braucht es nun eine Antwort der Bevölkerung», sagt Jauslin. Die Initiative sei pragmatisch und umsetzbar, auch wegen der Umsetzungsfrist von acht Jahren.
«Man hat in der Frühlingssession gesehen, dass sich nichts bewegt», erklärt Wasserfallen gegenüber Nau.ch. Der Gegenvorschlag zur Initiative sei zudem «verwässert» worden: «Es braucht jetzt Lösungen für den Trinkwasserschutz in der Landwirtschaft und bei den Konsumentinnen und Konsumenten.»
Der Bund erachtet jedoch, anders als die beiden Nationalräte der FDP, die heutigen Massnahmen zum Trinkwasserschutz als genügend. Er lehnt die Trinkwasserinitiative ab. Der Schweizerische Bauernverband ebenso.