E-Voting der Post: Jetzt fordert SVP-Grüter eine GPK-Untersuchung
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Nationalrat Franz Grüter will, dass die GPK die E-Voting-Ausgaben der Post untersucht.
- Die Post zahlte Millionen und arbeitete mit einer IT-Firma zusammen, die nun Konkurs ging.
- Grüter stört, dass die Post damit das Vertrauen in E-Voting nachhaltig schwächt.
Scytl hatte vor anderthalb Wochen Insolvenz angemeldet, weil die Firma die Schulden von über 75 Millionen Euro nicht mehr bezahlen konnte. In den der 20-jährigen Firmengeschichte kam das in Barcelona ansässige Technologieunternehmen nie auf einen grünen Zweig. 250 Millionen Euro Schulden nahm Scytl in dieser Zeit auf.
Der Konkurs hat also nichts mit der Corona-Krise zu tun, die Firma war nie rentabel. Aus diesem Grund fand Scytl zum Schluss auch keine Bank mehr, die ihr Geld lieh. Geschweige denn Investoren.
Einzig: Die Schweizerische Post kaufte Scytl vor wenigen Wochen das System für E-Voting ab. Das bestätigt die Post gegenüber Nau.ch. Über den Preis schweigt sie.
Fakt ist: Nachdem Hacker beim öffentlichen Test des Systems im Februar 2019 gravierende Fehler im System fanden, ist E-Voting in der Schweiz auf Eis gelegt. Die Post hat nach dem Debakel entschieden, E-Voting selbst weiterzuentwickeln. Seit letztem Sommer baut sie ein eigenes Entwicklungsteam auf und ihr Kryptografie-Know-how aus.
Franz Grüter fordert Untersuchung durch Geschäftsprüfungskommission
Für SVP-Nationalrat und IT-Unternehmer Franz Grüter kommt der Konkurs von Scytl nicht überraschend. Grüter warnte seit Langem vor der Firma. Er sitzt im Komitee für das E-Voting-Moratorium, welche die Einführung von E-Voting fünf Jahre aufschieben will.
Die Post sei nie müde geworden, E-Voting von Scytl als hoch sicher zu bezeichnen. Dazu wurde etwa die Revisionsgesellschaft KPMG engagiert, welche das System als sicher zertifizierte. Nachdem international renommierte IT-Experten das System innert weniger Stunden knacken konnten, stellen sich viele Fragen. Die Post hält die KPMG-Berichte aber weiter unter Verschluss.
Der Konkurs von Scytl zeige, dass E-Voting Systeme kaum rentabel betrieben werden können. «Umso erstaunlicher ist es deshalb das gerade die Schweizer Post, welche gleichzeitig Poststellen am Schliessen ist, Geld in einen solchen Schrotthaufen investiert.»
Die Post habe bis jetzt über 20 Millionen Franken in ihr E-Voting-System investiert und jährliche Kosten von drei Millionen Franken generiert. «In der Privatwirtschaft würden bei solch grossen gescheiterten Projekten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Ich fordere, dass die GPK diesen Fall untersucht.»
Die Post sei leichtgläubig gewesen und habe sich dem Irrglauben unterworfen, dass man ein solches System einkaufen könne, ohne dabei die Komplexität solcher Systeme zu kennen. Mit dem Resultat, dass das Vertrauen in die E-Voting-Systeme in der Schweiz weiter geschwächt wurde. Grüter fordert einen Marschhalt.
Die Bundeskanzlei überprüft die bestehenden Prozesse
Die Bundeskanzlei überprüft die Einhaltung der bundesrechtlichen Vorgaben, wenn ein Kanton ein Gesuch für die Zulassung eines Systems einreicht. «Es ist Sache der Post als Systemanbieter, ihre Partner zu wählen», sagt Mediensprecher Urs Bruderer. Den Konkurs von Scytl kommentiere die Bundeskanzlei daher nicht.
Dass die Post nun selbst ein E-Voting-System entwickle sei ein unternehmerischer Entscheid. Bruderer stellt aber klar: «Die Bundeskanzlei wertet den Entscheid der Post als Signal zur Weiterentwicklung ihres E-Voting-Systems hin zur vollständigen Verifizierbarkeit. Es entspricht auch der Strategie von Bund und Kantonen, künftig vollständig verifizierbare Systeme einzusetzen.»
Für die Bundeskanzlei ist nicht entscheidend, wer das System entwickelt. Die Kantone seien frei zu wählen, ob sie ein eigenes System betreiben oder das System eines anderen Kantons oder eines privaten Unternehmens nutzen. Allerdings tragen sie die Verantwortung für die Zuverlässigkeit des Verfahrens, so Bruderer.
Angesprochen auf die fragwürdige Qualitätsprüfung verweist die Bundeskanzlei auf die Neuausrichtung des Versuchsbetriebs für die elektronische Stimmabgabe, welche sie mit den Kantonen derzeit entwickle. «Dabei werden die bestehenden Anforderungen und Prozesse überprüft, um die Grundlage für einen stabilen Versuchsbetrieb zu schaffen.»