EDA verteidigt Botschafterin im Iran nach Tschador-Shitstorm
Die Schweizer Botschafterin im Iran kassiert nach ihrem Auftritt im Ganzkörperschleier einen Shitstorm. Das EDA sieht keinen Anlass für Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Das EDA nimmt ihre Mitarbeiterin im Iran, Nadine Olivieri Lozano, in Schutz.
- Sie wird wegen ihres Auftritts im Tschador heftig kritisiert.
- Grünen-Imboden: «Die Schweiz muss auf Seite der Menschenrechte stehen, nicht der Mullahs.»
Seit vergangenen September widersetzen sich Teile der iranischen Bevölkerung dem Mullah-Regime. Insbesondere kämpfen die Frauen für mehr Rechte. Die Protestbewegung wurde durch den Tod von Mahsa Jina Amini (†22) ausgelöst, die in Polizeigewahrsam starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstossen haben soll.
Die Regierung schlägt die Proteste brutal nieder. Mindestens 50 Aktivistinnen und Aktivisten hat das Regime hingerichtet. Inmitten dieser Proteste hat die Schweizer Botschafterin, Nadine Olivieri Lozano, mit zwei Mullahs den heiligen Schrein der Fatima Masuma in der Stadt Qom besucht. Dabei kleidete sie sich in einem Tschador, einem traditionellen iranischen Ganzkörperschleier.
Die Diplomatin kassiert dafür einen Shitstorm, vor allem von Menschenrechtsaktivistinnen- und Aktivisten. Während die Frauen mit ihren Protesten gegen die Unterdrückung ihr Leben riskierten, unterstütze die Schweizerin mit ihrem Besuch das Regime. «Westliche Gesetzgeber fragen uns oft, wie sie die Menschen im Iran am besten unterstützen können. Das ist genau das, was sie nicht tun sollten», schreibt die iranisch-britische Schauspielerin und Menschenrechtsaktivistin Nazanin Boniadi auf Twitter.
EDA sieht kein Fehlverhalten
Rückendeckung erhält die Botschafterin vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Der Besuch eines Schreins in der Stadt Qom stelle keine Stellungnahme zugunsten der iranischen Regierung dar.
Der Besuch habe einer akademischen Institution, die im Bereich des interreligiösen Dialogs tätig ist, gegolten. Diese ermögliche Studierenden die Teilnahme an interreligiösen Seminaren in der Schweiz.
«Beim Besuch der religiösen Stätte wurde das dort geltende Bekleidungs-Protokoll für Frauen eingehalten», schreibt das EDA auf Anfrage. «Der interreligiöse Dialog ist im aktuellen Kontext von grosser Bedeutung. Die Schweiz nutzt alle vorhandenen Kanäle, um den Dialog zu fördern, so auch zwischen Staaten im Rahmen ihrer guten Dienste.»
Gleichzeitig nehme die Schweiz wiederholt und klar zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran Stellung. «Sie hat in den vergangenen Monaten die Anwendung von Gewalt gegen die Demonstrierenden auf verschiedenen Ebenen mehrfach und unmissverständlich verurteilt und rief die iranischen Behörden ausserdem dazu auf, den Weg der Deeskalation zu wählen und den Dialog mit den Demonstrierenden zu suchen», verteidigt sich das EDA.
Grünen-Imboden: Schweiz darf nicht an der Seite der Mullahs stehen
Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden findet es unverständlich und kann es kaum fassen: «Die Schweiz muss ohne Wenn und Aber auf der Seite der Menschenrechte stehen – und nicht an der Seite der Mullahs!»
Die Schweizer Diplomatie muss alles daran setzen, dass die Menschenrechte endlich respektiert werden. «Aber bisher ist dieser Dialog ohne Resultate für die an Leib und Leben bedrohten Menschen geblieben», bedauert Imboden.