FDP-Nationalrat Simon Michel will «Wehrsteuer» – nur für Unternehmen
FDP-Nationalrat und «Ypsomed»-CEO Simon Michel kratzt an einem freisinnigen Tabu: Unternehmen sollen den Ausbau der Armee mit einer «Wehrsteuer» finanzieren.
Das Wichtigste in Kürze
- FDP-Nationalrat Simon Michel schlägt eine temporäre «Wehrsteuer» für Unternehmen vor.
- Die Gewinnsteuer auf Bundesebene soll von 2026 bis 2035 um 1 Prozent erhöht werden.
- Damit könnten 13 bis 14 Milliarden in einen zweckgebundenen Spezialfonds fliessen.
Der finanzielle Handlungsspielraum beim Bund wird immer kleiner. Vor diesem Hintergrund wächst auch die Sorge um die militärische Sicherheit der Schweiz: Sicherheitspolitiker wollen die Armee für alle Eventualitäten vorbereiten – aber die Bundesfinanzen seien zu knapp. Überdies wird eine rasche Erhöhung des Armeebudgets durch die Schuldenbremse verunmöglicht.
Entsprechend kursieren zahlreiche Ideen, um diese rasche Erhöhung des Armeebudgets zu ermöglichen. Eine davon überrascht – und kommt von überraschender Seite: Ginge es nach den Wünschen des Geschäftsführers des Medizintechnik-Unternehmens «Ypsomed», sollten Unternehmen mit einer temporären Sondersteuer dafür aufkommen.
Freisinniger Tabubruch?
Der Vorschlag stammt aus der Feder von «Ypsomed»-CEO und Nationalrat Simon Michel (FDP/SO). Wie «Tamedia» berichtet, ist der Vorschlag «bemerkenswert», da er von einem prominenten Unternehmer kommt und ein traditionelles freisinniges Tabu breche.
Der Plan des Solothurners sieht folgendermassen aus: Für einen Zeitraum von zehn Jahren soll die Gewinnsteuer für Unternehmen auf Bundesebene um ein Prozent erhöht werden: Also von 8,5 auf 9,5 Prozent für die Jahre von 2026 bis 2035 – eine «Wehrsteuer».
Gemäss Berechnungen mit Experten von «Economiesuisse» würde dies dem Bund jährlich zusätzliche 1,3 bis 1,4 Milliarden Franken einbringen. Über zehn Jahre hinweg wären das also etwa 13 bis 14 Milliarden Franken. Laut Michel sei dieser Betrag gerade ausreichend, um die Armee rechtzeitig auf einen möglichen Konflikt vorzubereiten.
Zusatzgeld soll in Spezialfonds fliessen
Zentral am «Plan Michel» sei es, dass das zusätzliche Geld nicht einfach in die allgemeine Bundeskasse fliesse. Stattdessen würde ein Spezialfonds eingerichtet: Dieser Fonds wäre nur für Rüstungskäufe bestimmt und nicht für die Betriebskosten der Armee. Solche Sonderbudgets sind beim Bund keineswegs eine Neuheit – vergleichbare Töpfe existieren beispielsweise für die Bahninfrastruktur oder die Nationalstrassen.
Gegenüber «Tamedia» bezeichnet der Unternehmer seinen Plan als «Wehrversicherung». Michel vergleicht die Idee mit seiner eigenen Firma, die gegen Wasserschäden versichert ist. Kostenpunkt: Mehrere Hunderttausend Franken pro Jahr – obwohl ein schadensverursachendes Hochwasser extrem unwahrscheinlich sei. Aber wenn es passieren sollte, «dann wäre meine Firma wahrscheinlich am Ende», sagt Michel.
Für Michel ist auch die Armee eine Versicherung: Die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs sei zwar gering – aber wenn er eintritt, wäre es eine Katastrophe. Die Schweizer Armee sei «die ultimative Versicherung der ganzen Schweiz». Gegenwärtig sei diese Versicherung jedoch «nicht mehr gedeckt», so der Freisinnige.
Dass ausgerechnet Unternehmen diese Versicherung berappen müssten, liege für Michel auf der Hand: «Eine Erhöhung der Einkommens- oder der Mehrwertsteuer für die Armee käme in einer Volksabstimmung wahrscheinlich nicht durch.» Wenn hingegen nur Firmen von einer Steuererhöhung betroffen wären, würde die Bevölkerung zustimmen.
Kritik an Michels Vorschlag
Bei seinem Parteipräsidenten und Aargauer Ständerat Thierry Burkart findet Michels Idee wenig Anklang: Er argumentiert unter anderem damit, dass Steuererhöhungen dauerhaft bleiben könnten. Dabei verweist er auf ähnliche Steuern, die während des Ersten und Zweiten Weltkriegs «temporär» eingeführt wurden und bis heute existieren.
Auch «Economiesuisse» äussert gegenüber «Tamedia» Bedenken: Eine solche Steuererhöhung hätte Auswirkungen auf die Steuersysteme der Kantone. Belastet würden vor allem grosse Unternehmen, die substanzielle Gewinne erzielen.
Trotz des Widerstandes hält Michel an seinem Plan fest – er sei bereit, für diese «Versicherungsprämie» zu zahlen. Die Befristung der Wehrsteuer müsste in der Bundesverfassung fixiert werden – für eine Verlängerung bräuchte es dann eine weitere Volksabstimmung.
Auch das Sparpotenzial beim Bund müsse ausgeschöpft werden – doch rund zwei Drittel der Bundesausgaben sind gesetzlich gebunden: Um sie zu kürzen, brauche es eine Gesetzesänderung – in vielen Fällen gar eine Volksabstimmung. Michel plant nun, seinen Vorschlag in einen parlamentarischen Vorstoss zu verpacken und damit die Debatte im Bundeshaus anzustossen.