Für Justizinitiative: Ehemaliger Oberrichter kritisiert System

Fabiola Hostettler
Fabiola Hostettler

Zürich,

Bis vor kurzem war Peter Diggelmann Zürcher Oberrichter. Im Interview erzählt er von seiner Amtszeit und weswegen er Ja zur Justizinitiative stimmt.

Justizinitiative
Der ehemalige Oberrichter Peter Diggelmann setzt sich für die Justiz-Initiative ein. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der ehemalige Oberrichter Peter Diggelmann setzt sich für die Justizinitiative ein.
  • Das heutige System sei intransparent und darum brauche es eine Änderung.
  • Auch sieht Diggelmann die Unabhängigkeit der Richter in Gefahr.

Peter Diggelmann ist Rechtsanwalt und stand bis vor kurzem noch als Oberrichter im Kanton Zürich im Einsatz. Im Interview mit den «Tamedia»-Zeitungen erzählt er, wie er diese Amtszeit erlebt hat. Er erklärt auch, warum er sich für ein Losverfahren an den Gerichten starkmacht.

Als Richter in der Schweiz sei es Pflicht, unabhängig zu sein, erklärt das FDP-Mitglied. «Die gesetzlichen Regeln zur Befangenheit besagen: Es darf nicht amten, wer nur schon unter dem Verdacht steht, nicht unabhängig zu sein.»

Bezirksgericht
Das Zürcher Bezirksgericht. - sda

Doch so einfach sei das eben nicht, denn auch er habe während seiner Amtszeit Druck im Hintergrund gespürt. Im heutigen System wählen die Parteien die Mitglieder der Gerichte. Daher entstehe ihrerseits die Erwartung, dass die gewählte Person dann auch im Sinne der Partei entscheidet.

Diggelmann nennt die Affäre um den Bundesrichter Yves Donzallaz als Beispiel. Die SVP wollte ihn abwählen lassen, weil er ein Urteil gefällt hatte, das der Partei nicht passte.

yves donzallaz
Yves Donzallaz wurde von seiner Partei (SVP) nicht zur Wiederwahl empfohlen, weil er Urteile gefällt haben soll, die der Partei nicht passten. - Keystone

Oder in einem anderen Fall wurde im Kanton Zürich gar ein offener Brief herumgereicht. «Darin drohten Mitglieder des Kantonsrats, dass die beteiligten Richter bei einem ähnlichen Urteil nicht wiedergewählt würden.»

Diggelmann kritisiert intransparente Wahlverfahren

Der Druck, der mit einer Wahl einhergeht, werde von den Parteien durch die demokratische Legitimation verteidigt. Doch Diggelmann sieht das heutige Wahlverfahren von Richtern kritisch. «Die heutigen Verfahren sind intransparent, vieles läuft über Seilschaften und Beziehungen in den Fraktionen. Wer da warum nominiert wird, ist nicht klar.»

Justizinitiative
Die Justizinitiative will aus der Wahl der Bundesrichterinnen und -richter eine Losziehung machen. - keystone

Es sei heute ebenso eine Lotterie, doch eine gezinkte. Die Justizinitiative würde da Abhilfe schaffen, mit dem Abberufungsverfahren. «Das ist nötig, auch in den Kantonen: Wenn ein Richter während der Amtsdauer amtsunfähig wird, muss er abberufen werden können.»

Wie werden Sie zur Justizinitiative abstimmen?

Die indirekte Befangenheit sei auch der Grund, warum sich nicht mehr Richter öffentlich für die Justizinitiative einsetzen würden, so Diggelmann. «Es gibt unter Richterinnen und Richtern durchaus Kritiker. Aber sie müssen sich, solange sie noch aktiv sind, einer Wiederwahl stellen, sind von ihrer Partei abhängig. Bei mir ist das anders: Ich muss mich nicht mehr wählen lassen – und kann deshalb jetzt frei reden.»

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