Gerhard Pfister über künftige Kooperationsmöglichkeiten
Gerhard Pfister stellt klar, dass in der Schweiz kein «bürgerlicher Block» existiert und erörtert mögliche Formen der zukünftig Zusammenarbeit der SVP und FDP.
Das Wichtigste in Kürze
- Für Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister hat Christoph Blocher den Bürgerblock gesprengt.
- Tragfähige Lösungen entstünden in der politischen Mitte, erklärt der Zuger Nationalrat.
- Pfister erklärt, wie eine künftige Zusammenarbeit mit der FDP und der SVP aussehen müsste.
Die politische Landschaft der Schweiz hat sich nach den Wahlen 2023 deutlich gewandelt. Die SVP konnte im Nationalrat erheblich an Sitzen gewinnen. Die Mitte-Partei baute ihre Rolle als entscheidender Mehrheitsbeschaffer weiter aus und überholte dabei die FDP. In der neuen Zusammensetzung des Bundeshauses verfügt die Mitte-Fraktion nun über sieben Mandate mehr als die Freisinnigen.
Diese Entwicklungen werfen wichtige Fragen auf: Wie wird sich die Zusammenarbeit der bürgerlichen Parteien gestalten, und welche Parteien zählen überhaupt zu diesem Spektrum? In einem Interview erläutert Gerhard Pfister, wie die Mitte-Partei plant, sich in das politische Gefüge der Schweiz zu integrieren.
Laut Gerhard Pfister ist Bürgerblock gesprengt
Im Interview mit der «NZZ» stellt der Mitte-Parteipräsident diese Fragen in den Raum – und seine Antworten überraschen: Der Zuger glaubt nicht an ein bürgerliches Lager, er spricht von einem überholten Weltbild. «Es gibt keinen festen ‹Bürgerblock›, der sich geschlossen den linken Parteien entgegenstellt.»
Die starre Front zwischen «Linken» und «Bürgerlichen» gehöre längst der Vergangenheit an, erklärt Gerhard Pfister: «Christoph Blocher hat den Bürgerblock gesprengt und das damalige Machtkartell zerschlagen.» Denn, so Pfister weiter, Blocher habe die SVP zur «ersten rechten Protestbewegung Europas» verwandelt.
Polarisierung kommt SVP zugute
«Die Volkspartei hat sich in aller Härte und Schärfe von den anderen Parteien abgegrenzt,» so Pfister. Die Volkspartei zeige kaum Bereitschaft, auch nur im Geringsten von ihrer Position abzuweichen: «Diese Polarisierung schadet der Schweiz.»
Für die SVP habe sich dieser Schritt durchaus ausgezahlt. Gleichzeitig bezahle die «Protestbewegung» einen grossen Preis: «Sie kann jetzt nicht erwarten, dass wir uns unterordnen, dass wir alle Beleidigungen schlucken und ihr treu zur Seite stehen.»
Mitte-Wählerbasis ist nicht an der SVP interessiert
Für den Parteipräsidenten steht fest, dass ein Grossteil seiner Wählerbasis mit der SVP schlicht nichts zu tun haben möchte: «Aus inhaltlichen Gründen, wegen Fragen wie Anstand und Stil und wegen einer anderen Haltung gegenüber unseren Institutionen.»
Natürlich müsse auch die Mitte bei gemeinsamen sachpolitischen Schnittmengen mit anderen Parteien zusammenspannen. «Wir können nicht abwarten, welche Forderungen von rechts und links kommen, und uns dann der einen oder anderen Position anschliessen.»
Kooperation auf Augenhöhe
Im Interview mit der «NZZ» erklärt Pfister, dass die Mitte-Partei in der kommenden Legislatur versuchen müsse, eigene Positionen zu definieren: «Das wird die grosse Herausforderung – wir sind offen für jede konstruktive Zusammenarbeit, aber sie muss auf Augenhöhe stattfinden.»
Die Mitte werde jeweils zum «bürgerlichen Lager» gezählt, wenn andere Parteien Schützenhilfe brauchten. «Danach stellt man uns wieder als ‹verkappte Linke› hin.» Gerhard Pfister ist überzeugt, dass gerade unter den «bürgerlichen Parteien» eine klare Abgrenzung wichtig sei.
Fundamentaler Wandel innerhalb der Politik
Denn: Pfister beobachtet einen fundamentalen Wandel innerhalb der Schweizer Politiklandschaft, hin zu einem System mit drei Polen: «Rechts die SVP und die FDP, links die SP und die Grünen, dazwischen ein Zentrum um die Mitte-Partei herum.»
Gerhard Pfister verweist auf die Ausmarchungen in den Ständeratswahlen, wo diverse SVP-Kandidaten gegen Mitte-Links-Vertreterinnen scheiterten. «Tragfähige Lösungen entstehen im politischen Zentrum. So schwer es die SVP in Ständeratswahlen hat, so schwer hat sie es auch in Volksabstimmungen.» Es sei schwierig, mit einer Partei zusammenzuarbeiten, die stets betone, dass ihre Position richtig und alle anderen falsch seien.