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Gericht lässt Asylfamilie acht Jahre lang auf Urteil warten

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Flawil,

Eine Familie aus Sri Lanka hatte 2015 Asyl beantragt. Nach acht Jahren Ungewissheit haben sie den negativen Bescheid erhalten.

Tamilen Schweiz Asyl
Tamilische Asylanten werden in der Schweiz oft zurückgewiesen. Die Familie P. musste acht Jahre lang auf ein Urteil warten. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Familie P. ist aus Sri Lanka in die Schweiz geflüchtet – schon zwei Mal.
  • Im Juni 2017 wurde ihr Asylantrag vom Bund abgewiesen – 8 Jahre später von einem Gericht.
  • Nun müssen sie aus der Schweiz weg, wissen aber nicht, wohin.

Über 25 Jahre lang dauerte der Bürgerkrieg zwischen den Singhalesen und Tamilen in Sri Lanka. Verfolgte Tamilinnen und Tamilen flüchteten, wohin sie konnten – auch in die Schweiz. Das ist die Geschichte der Familie P., die acht Jahre lang auf ein Asylbescheid warten musste, wie der «Tagesanzeiger» schreibt.

1990 flüchtete der Vater in die Schweiz, danach folgte seine Frau, 2001 kam ihr Sohn zur Welt. Der Vater arbeitete jahrelang im Service, als vorläufig Aufgenommener. Das sei ihm wichtig: «Ich könnte meine Familie ernähren, wenn man mich lassen würde.»

2002 gehen die drei Tamilen zurück nach Sri Lanka, weil es zu einer kleinen Entspannung zwischen den Kriegsparteien gibt. Gemäss Erzählungen der Familie leben sie in Unsicherheit.

Dann, 2015, der Krieg gilt schon seit sechs Jahren als beendet, wird ihr Haus von bewaffneten sri-lankischen Sicherheitskräften durchsucht. Der Vater hatte sich gegen einen Präsidentschaftskandidaten geäussert; er wird in das Büro einer tamilischen Partei bestellt. Aus Angst vor politischer Verfolgung flüchten die drei wieder, arbeiten kann der Vater nicht mehr.

Familie muss zurück, Verwandte «könnten sie finanziell unterstützen»

Im Juni 2017 lehnt das Staatssekretariat für Migration (SEM) ihr Asylgesuch ab. Die Behörde glaubt ihnen weder die «erlebte Verfolgung» noch eine «begründete Verfolgungsangst». Schliesslich hätten Vater, Mutter und Sohn jahrelang in Sri Lanka nach und während des Kriegs gelebt.

Die tamilische Familie fechtet den Entscheid an: Die Mutter leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, hat schwere Depressionen, Migräne, Muskelverspannungen, Schmerzen. Einmal wurde sie in der Psychiatrie stationär behandelt, nach einem Suizidversuch. Sie haben keine Familie auf der Insel, keine sozialen Kontakte, alle mussten flüchten.

Bundesverwaltungsgericht Asylrecht
Das Bundesverwaltungsgericht in St.Gallen befasst sich unter anderem mit Datenschutz, Wettbewerb, Ausländerrecht – aber auch Asylrecht. - Keystone

Acht Jahre später, im Juli 2023, kommt das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht: Die Familie muss gehen, das SEM hat richtig entschieden. Dass sie in Sri Lanka verfolgt werden könnten, räumt das Gericht dennoch ein. Die Verwandten der Familie im Ausland könnten sie «zumindest während einer Übergangsphase in finanzieller Hinsicht unterstützen».

Freund der Familie: «Ich war früher auch der Meinung, es kämen zu viele zu uns»

Freunde der Familie P. aus der Freikirche können es nicht glauben: «Ich war früher auch der Meinung, es kämen zu viele zu uns, aber ich habe meine Meinung geändert», sagt einer. So könne man nicht mit Menschen umgehen. Ein anderer stellt infrage, ob die Schweiz ihre Verantwortung wahrnehme, wenn seine Freunde in Sri Lanka Opfer willkürlicher Gewalt würden.

Finden Sie die Rückweisungen von Geflüchteten aus Sri Lanka gerechtfertigt?

Dass die Schweiz Sri Lanka als sicheres Land einstuft, wurde vom Antifolterausschuss der UNO gerügt. Nach wie vor werden vom Staat unerwünschte Meinungen unterdrückt. Es herrscht Ernährungsunsicherheit, das Gesundheitssystem ist schlecht. Trotzdem werden mehr als zwei Drittel der Asylgesuche von Sri Lanker Staatsangehörigen abgelehnt.

Das Bundesverwaltungsgericht äussert sich nicht zur Dauer des Verfahrens: Das sei eine Ausnahme. Und trotz der langen Aufenthaltsdauer hätten die drei Geflüchteten keine Entwurzelung vom Heimatland aufgewiesen, sagt ein Sprecher.

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