Herzschlag-Initiative: Abtreibungs-Gegner krebsen zurück
In den USA fällt das Recht auf Abtreibung – in der Schweiz drohte eine «Herzschlag»-Initiative. Diese wird aber kaum lanciert, so SVP-Mann Erich von Siebenthal.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz wird für zwei Volksinitiativen für verschärfte Abtreibungsregeln gesammelt.
- Ein drittes, noch radikaleres Volksbegehren wurde von SVPlern bereits angedroht.
- Die «Herzschlag»-Initiative erachtet selbst einer der Initianten als «zu grossen Schritt».
Das Urteil des obersten US-Gerichts zum Abtreibungsrecht macht viele fassungslos. In der Vereinigten Staaten entfällt damit das nationale Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Die Amerikaner werden wohl noch jahrelang darüber streiten.
In der Schweiz dürften Abtreibungs-Gegner ebenfalls Aufwind erhalten. Gleich für zwei Volksinitiativen sammeln diese aktuell. Mit der «Einmal-darüber-schlafen-Initiative» sollen Ärzte Frauen, die abtreiben möchten, einen Tag Zwangs-Bedenkzeit verordnen.
Die «Lebensfähige-Babys-retten-Initiative» wiederum will in der Bundesverfassung festschreiben, dass keine Abtreibung durchgeführt werden darf, wenn das Kind ausserhalb des Mutterleibes theoretisch lebensfähig wäre.
Hinter den beiden Volksbegehren stehen offiziell SVP-Nationalräte wie Erich von Siebenthal, Yvette Estermann und Andrea Geissbühler. Ebenfalls im Komitee sitzen die Mitte-Nationalräte Alois Gmür und Benjamin Roduit.
Von Siebenthal (SVP): Herzschlag-Initiative wird kaum lanciert
Vor einigen Wochen drohten die SVPler gar, eine dritte Initiative zu starten – als Reaktion auf linke Bestrebungen, die Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Die «Herzschlag»-Initiative «nach texanischem Vorbild» stand zur Diskussion. In der Praxis wäre das ein absolutes Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche.
Kommt es nach dem Gerichts-Hammer in den USA tatsächlich dazu? Nationalrat Erich von Siebenthal krebst auf Anfrage von Nau.ch zurück: «Die Lancierung einer Herzschlag-Initiative halte ich nicht für realistisch. Das wäre in der Schweiz heute ein zu grosser Schritt.»
Das US-Urteil hält der Berner Oberländer für «schwierig», weil es «Knall auf Fall kam». Die Bevölkerung habe institutionell nicht mitreden können. Mit den zwei lancierten Initiativen wolle er «kleine Schritte in die richtige Richtung machen» und das «Fuder nicht überladen».
Inhaltlich hält er diese im Vergleich zur Situation in den USA für «keinesfalls radikal». Von Siebenthal glaubt auch nicht, dass die beiden Unterschriftensammlungen von der US-Debatte profitieren.
JSVP-Chef und Abtreibungsgegner ziehen die Fäden
Nebulös bleibt, wer wirklich hinter den Initiativtexten steht. Gemäss Recherchen von CH Media wurden die Nationalräte von JSVP-Präsident David Trachsel mit diesen beliefert. Inhaltlich konzipiert haben soll die Anliegen aber der Verein «Mamma». Dieser wird vom radikalen Abtreibungsgegner Dominik Müggler präsidiert, der schon 2002 gegen die Fristenregelung gekämpft hat.
Im Vergleich zu den USA ist der Dunstkreis der Abtreibungsgegner in der Schweiz eher klein. Selbst die SVP steht nicht hinter den Initiativen von Estermann, von Siebenthal & Co. Fraktionschef Thomas Aeschi stellte jüngst im «Sonntalk» klar, dass sich die aktuelle Regelung bewährt habe.
Zoff steht auch JSVP-Chef Trachsel ins Haus. So hat sich die Zürcher Sektion bereits öffentlich von den Anliegen und Trachsels Engagement distanziert. Die Aargauer Jung-Partei tat es ihr am Mittwoch auf Twitter gleich.
Ebenfalls öffentlich gegen die Initiativen ausgesprochen haben sich unter anderem Nationalrätin Martina Bircher und die neugewählte Stadtzürcher SVP-Präsidentin Camille Lothe.