SVP-Nationalräte erwägen Abtreibungsverbot ab 6. Woche
Zusätzlich zu zwei bereits lancierten Anti-Abtreibungsinitiativen soll gegebenenfalls eine «Herzschlag-Initiative» lanciert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz kennt seit 20 Jahren die Fristenregelung.
- Linke wollen nun die Abtreibung ganz aus dem Strafgesetzbuch streichen.
- Abtreibungsgegner drohen mit einer Volksinitiative nach texanischem Vorbild.
Heute vor zwanzig Jahren hat das Schweizer Stimmvolk der Fristenregelung zugestimmt. Mit ihr können schwangere Frauen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche abtreiben. Danach braucht es die Bestätigung eines Arztes, dass medizinische Gründe vorliegen.
Den Jahrestag nehmen die einen zum Anlass, die Streichung der Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch zu fordern. Dies stösst nicht nur auf Widerstand bei Abtreibungsgegnern. Diese erwägen umgekehrt, eine Initiative nach texanischem Vorbild zu lancieren, womit Abtreibungen de facto verunmöglicht würden.
«Abtreibung eine Frage der Gesundheit»
Die Präsidentin der Stiftung «Sexuelle Gesundheit Schweiz», Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet, will eine parlamentarische Initiative einreichen. Ziel soll sein, dass Abtreibungen nicht mehr als Strafsache behandelt werden. «Wir rufen die Schweiz auf, Abtreibung in erster Linie als eine Frage der Gesundheit zu betrachten. In einer modernen Gesellschaft passt sie nicht mehr ins Strafgesetzbuch», lässt sie sich zitieren.
Porchet kann dabei auf Unterstützung aus dem linken und feministischen Lager zählen. Juso, SP-Frauen, aber auch Amnesty Schweiz, die FMH und der Pflegeverband SBK stehen hinter der Forderung. Es sei ein Kampf gegen andauernde Hindernisse und Stigmatisierung. Doch die Forderung nach Lockerung der Abtreibungs-Regelung ruft nur um so eher die Abtreibungsgegner auf den Plan.
Abtreibungsgegner sehen Menschenwürde in Gefahr
Nicht nur würde die Abtreibung als Gesundheitsfrage schwangere Frauen für potenziell krank erklären, schreiben die Initianten der «Lebensfähige-Babys-retten-Initiative». Sondern die Menschenwürde und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes würden an die Wand gefahren.
Denn obschon ein Kind bereits ausserhalb des Mutterleibs lebensfähig wäre, könne es dann noch abgetrieben werden, schreibt das Komitee. Deshalb wollen die beiden SVP-Nationalräte Yvette Estermann und Erich von Siebenthal deutlich Gegensteuer geben.
Zwar haben die beiden nicht nur eine, sondern gleich zwei Volksinitiativen in der Hinterhand. Nebst der «Lebensfähige-Babys-retten-Initiative» auch noch die «Einmal-darüber-schlafen-Initiative», die einen Tag Bedenkzeit fordert. Gegen die Streichung der Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch wollen die beiden das Referendum ergreifen. Und sie drohen mit einer ungleich schärferen Initiative, die ein De-facto-Verbot der Abtreibung zur Folge hätte.
«Herzschlag-Initiative» nach texanischem Vorbild
In Anlehnung an die «Heartbeat Bill» im US-Bundesstaat Texas erwägen Estermann und von Siebenthal eine «Herzschlag-Initiative». Mit dem Slogan «ein schlagendes Herz sollte nicht gestoppt werden» wären Abtreibungen illegal, sobald der Herzschlag des Fötus hörbar ist. Dies sei ab der fünften oder sechsten Schwangerschaftswoche der Fall.
Das texanische Gesetz ist allerdings auch in den USA selbst höchst umstritten. Sechs Wochen nach der Empfängnis wissen viele Frauen noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Wenn sie es dann bestätigt erhalten, wäre eine Abtreibung bereits illegal.