Konflikt der GLP mit Gründer: Bäumle gegen die Mehrheit
Die GLP ist unbestritten die momentan erfolgreichste Partei der Schweiz. Doch der Gründer Martin Bäumle kritisiert den zunehmend linken Kurs seiner Partei.
Das Wichtigste in Kürze
- Die GLP zählt seit ein paar Jahren zu den Überfliegern der Schweizer Parteipolitik.
- In der Partei formt sich aber ein Graben zwischen den Delegierten und dem Parteigründer.
- Letzterer, Martin Bäumle, verstehe seine Partei nicht mehr.
Der Überflieger der schweizerischen Parteipolitik ist unbestritten die Grünliberale Partei. Nach der letzten Volksabstimmung zum neuen Mainstream erklärt, sammelt sie in den kantonalen Wahlen Sitze wie sonst nur die Grünen. Doch innerlich brodelt es: Martin Bäumle, der Gründer der Grünliberalen, versteht seine Partei nicht mehr. Das berichtete CH Media gestern.
Die Spannungen hätten eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Und doch sickerte die persönliche Botschaft von Bäumle an die 160 Delegierten nach der Versammlung am Samstag durch.
«Ich verstehe meine Partei immer weniger… tut weh als Gründer», schreibt Bäumle, Zürcher Nationalrat. Die Delegiertenversammlung sprach sich für die Konzern-Initiative und gegen die E-ID aus, ganz zur Unzufriedenheit des Vizepräsidenten.
Konzern-Initiative und E-ID spalten
Bäumle gründete 2004 die GLP, bis 2017 war er Präsident. Seither ist er Vize, das Präsidenten-Amt übernahm der Berner Nationalrat Jürg Grossen.
Der 56-Jährige Bäumle bezeichnet sich selber als «wirtschaftsliberal» und findet dementsprechend, die Konzern-Initiative gehe zu weit. Die Ja-Parole sei «aus grünliberaler Sicht eindeutig falsch», wie er in einem Interview mit Tamedia erklärt.
Unsere Delegierten beschliessen die Ja-Parole zur #Konzernverantwortungsinitiative mit 105 Ja zu 48 Nein Stimmen bei 7 Enthaltungen. Für uns gehört zur liberalen Wirtschaftsordnung die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz durch Schweizer Unternehmen im Ausland.#DVglpCH pic.twitter.com/vzEPWiy7qd
— Grünliberale Schweiz (@grunliberale) October 17, 2020
Doch etwas Grösseres vertieft den Graben zwischen Bäumle und der Mehrheit «seiner» Partei. Die Frage der E-ID und Digitalisierung des Staats war von Anfang an ein Konfliktpunkt für die Informatik-Kennerinnen und -Kenner.
Im Zentrum des Problems für die Gegner der E-ID, wie sie jetzt im Gesetz stünde, ist die Einbeziehung von Privatunternehmen. Diese würden für die technische Lösung verantwortlich sein und die E-ID herausgeben. Doch aus Datenschutz-Gründen soll der Staat diese Aufgaben übernehmen, lautet die Gegenmeinung.
Unstimmigkeiten bei Fraktion und Delegierte
Den Gegnern gelang es, gegen das Gesetz das Referendum zu ergreifen. Angeführt von der SP und Grünen sowie verschiedenen Vereinen, sind auch Grünliberale im Komitee. Zum Beispiel der Programmierer Jörg Mäder, der seit 2019 im Nationalrat sitzt.
Mäder könnte gut für die Nein-Parole an der Delegiertenversammlung verantwortlich sein. Die GLP-Fraktion im Parlament hatte sich ursprünglich einstimmig für das Gesetz ausgesprochen, es schien damit abgeschlossen zu sein.
Für Bäumle kam die Nein-Parole als eine Überraschung. «Wir könnten punkto Digitalisierung wirklich aufholen, und das erst noch mit einer Lösung von Privatunternehmen», so Bäumle zu Tamedia. «Ich bin überzeugt, der Staat schafft das nicht.» Er mache sich bereits Gedanken über einen Reformflügel der Grünliberalen – aber nicht schon wieder eine neue Partei.