Marco Chiesa: So tickt zukünftiger SVP-Präsident privat
Marco Chiesa (TI) ist in der Deutschschweiz relativ unbekannt. In einem Interview gibt sich der 45-jährige SVP-Mann als Familienmensch mit einer sozialen Ader.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Interview zeigt sich Marco Chiesa von seiner privaten Seite.
- Der Tessiner wurde letzte Woche als Nachfolger von Albert Rösti vorgeschlagen.
- Seine Wahl ist so gut wie sicher: Der Parteiausschuss der SVP steht einstimmig hinter ihm.
Zuerst wollte Chiesa das Amt des SVP-Präsidenten nicht übernehmen: Seine Frau hatte Nein gesagt. Er sei als Ständerat schon genug in Bern und sehe seine Familie, die in Lugano wohnt, nur wenig. Auch der eigentliche Favorit, Nationalrat Marcel Dettling (SZ), hatte der Familie wegen das Amt abgelehnt.
Sind Chiesa seine Frau und zwei Kinder dann nicht so wichtig? «Doch, die Familie ist das Wichtigste», beteuert der gebürtige Tessiner im «NZZ»-Interview. Er sei aber offen für eine neue Herausforderung. Ausserdem seien seine Kinder älter als diejenigen von Dettling.
Mann arbeitet, Frau ist zu Hause
Im Interview gibt sich Chiesa als Traditionalist: «Mein bevorzugtes Modell ist die Familie mit einem Vater, der arbeitet, und einer Mutter, die für die Kinder da ist.» Das sei im Tessin aber nicht für alle möglich, da die Zuwanderung Druck auf die Löhne macht. Also arbeitet Chiesas Frau ebenfalls. Der Politiker bezeichnet sie gemäss den Tamedia-Zeitungen gerne als seine «Miss Schweiz».
Mit ihr könne er auch sein Deutsch aufbessern, denn Frau Chiesa stammt aus Meiringen BE. Für das Präsidenten-Amt werde er nämlich viel in der deutschen Schweiz politisieren müssen. Das weiss Chiesa und bedauert, dass es nie eine SRF-Arena auf Italienisch geben wird.
Für den Ständerat wäre ein Auftritt in der westschweizerischen Sendung «Infrarouge» einfacher. Französisch liegt ihm mehr, er hat nämlich in Freiburg, der zweisprachigen katholischen Stadt, studiert. Seinen Abschluss machte er in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und BWL.
«Ausgeprägteren sozialen Touch»
Chiesa war bis zu seiner Kündigung diesen Juli 15 Jahre lang Leiter eines Altersheims. Laut Lukas Reimann, SVP-Nationalrat, hat er einen ausgeprägteren sozialen Touch als die Mehrheit der Partei. Das bestätigt Marco Chiesa selber: «Ich habe schon vor Jahren einen Verein gegründet, um im Spital San Giovanni für die Kinder der Pflegefachpersonen eine Betreuung anzubieten.»
Er sei stolz auf sein Engagement, betont der Politiker. Deswegen habe er auch eine Karriere im Private Banking liegen lassen. Es liege ihm mehr, für die Gemeinschaft zu arbeiten. Chiesa hat auch die im 2017 lancierte Pflegeinitiative unterschrieben.
Will kein Anführer sein
Dass die SVP ihrem Präsidenten keine Entschädigung zahlt, findet Chiesa richtig. Es soll nicht um Geld, sondern um «Leidenschaft, Hingabe und Freude am Amt» gehen. Es werde aber eine Spesenpauschale geben.
Am 22. August werden die Delegierten der SVP ihren neuen Chef wählen. Würde Marco Chiesa gewählt, wäre er der erste SVP-Präsident aus der lateinischen Schweiz.