Nationalrat Christian Lohr kann im Rollstuhl ans Rednerpult fahren
Der handicapierte Nationalrat Christian Lohr erlebte am Mittwoch einen bewegenden Moment. Er konnte nach zehn Jahren erstmals barrierefrei ans Rednerpult.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit dieser Session sind die Rednerpulte im Nationalrat barrierefrei.
- So konnte Christian Lohr im zehnten Parlamentsjahr erstmals selbstbestimmt ans Rednerpult.
- Er sieht die bauliche Anpassung als Signal für die Stärkung der politischen Partizipation.
«Es ist für mich definitiv ein bewegender Moment», sagt Mitte-Nationalrat Christian Lohr im Video-Interview mit Nau.ch. Die Rede ist dabei nicht etwa von einer gewonnen Abstimmung in der grossen Kammer.
Nein, der Thurgauer freut sich am Mittwoch viel mehr über einen fertig gestellten Umbau im Bundeshaus. Im Parlamentsgebäude wurden nämlich neue Rampen gebaut, sodass der Podiumsbereich im Nationalratssaal neu rollstuhlzugängig ist.
Spezieller Moment für Nationalrat Christian Lohr
Lohr, der infolge einer Conterganschädigung ohne Arme und mit missgebildeten Beinen zur Welt gekommen ist, zeigt sich begeistert: «Ich kann nun endlich selbstbestimmt ans Rednerpult fahren und so meine demokratischen Rechte wahrnehmen.»
Das ist nicht selbstverständlich, da das Bundeshaus wie die meisten anderen historischen Gebäude ursprünglich nicht rollstuhltauglich gebaut wurde. Umso grösser ist bei Lohr die Freude über die realisierte bauliche Massnahme. Er fühle sich im Parlament nun noch gleichwertiger.
Zuvor persönlich eingerichteter Platz
Seit seinem Amtseintritt Ende 2011 musste Lohr vor einer Rede im Nationalratssaal jeweils verkabelt werden. Der Ostschweizer sprach dabei nicht wie alle anderen Nationalräte vom Rednerpult aus, sondern von einem persönlich eingerichteten Platz.
Alternativen seien gut und Recht, aber nichts komme an den «Originalplatz» hin, meint Lohr. «Damit werden gehbehinderte Politiker im Parlament gleich beachtet, können die gleichen Botschaften geben und sind damit den Anderen auch gleichgestellt.»
Gestärkte politische Partizipation im Parlament
Die Umbauung bringe aber nicht nur ihm selber einen grossen Nutzen: «Die Rampe wurde nicht für mich gebaut, sondern für alle Menschen mit Mobilitätseinschränkungen», betont Lohr.
Deshalb sei es eine wirkungsvolle Massnahme, die einerseits die Gleichstellung von körperlich beeinträchtigten Personen fördere. Andererseits signalisiere der barrierefreie Zugang eine gestärkte politische Partizipation – auch für Politiker mit Beeinträchtigungen.