Nationalrat nimmt Vorstoss für erweiterte DNA-Analyse an
Der Nationalrat hat einen Vorstoss angenommen, der eine erweiterte DNA-Analyse erlaubt. Neu sollen auch Haut-, Augen- und Haarfarbe bestimmt werden können.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat nimmt eine Änderung des DNA-Profil-Gesetzes an.
- So soll mittels DNA-Spuren auch die Haar- und Hautfarbe ermittelt werden dürfen.
- Nun muss der Ständerat über den Vorstoss debattieren.
Ermittlungsbehörden sollen aus DNA-Spuren von Tatorten künftig mehr Informationen herauslesen dürfen. Der Nationalrat hat am Dienstag Änderungen im DNA-Profil-Gesetz und in der Strafprozessordnung zugestimmt. Als Nächstes muss sich nun der Ständerat dazu äussern.
Kern der Vorlage sind gesetzliche Grundlagen für die sogenannte Phänotypisierung. Heute darf bei DNA-Spuren nur nach Übereinstimmungen in vorhandenen Gendatenbanken gesucht werden und es darf nur das Geschlecht eruiert werden.
Klare Zustimmung im Nationalrat
Neu sollen aus DNA-Profilen Hinweise auf Merkmale wie Haar- und Augenfarbe, Alter oder biogeografische Herkunft herausgelesen werden können. Der Bundesrat und auch der Nationalrat wollen, dass Strafverfolger auf neue wissenschaftliche Möglichkeiten zurückgreifen können.
Der Nationalrat hiess die Vorlage mit 125 zu 54 Stimmen und 12 Enthaltungen gut. Nein stimmten die Grünen und etliche Mitglieder der SP-Fraktion. Auch die Enthaltungen kamen von der SP.
Umgang mit Minderheiten
SP und Grüne hätten die Kriterien, unter denen Ermittlungsbehörden auf die Phänotypisierung zurückgreifen dürfen, strenger fassen wollen. Doch sie unterlagen mit ihren Anträgen. Etwa hätten sie die biogeografische Herkunft als Information nicht zulassen wollen.
2/2 Was der #EGMR als "schweren Grundrechtseingriff" bezeichnet, wäre in der 🇨🇭 so möglich ohne richterliche Anordnung und auch bei Vergehen wie Kreditkartenbetrug oder Diebstahl. Das ist unverhältnismässig und unnötig.
— Marionna Schlatter (@marionnasch) May 4, 2021
Eine zielgerichtete Kategorisierung aufgrund der Herkunft betreffe Minderheiten, und das in einer Gesellschaft mit weit verbreitetem Racial Profiling. So Franziska Roth (SP/SO) zum Antrag auf Streichung. Die Mehrheit wollte es aber halten wie der Bundesrat und Schlüsse auf die mögliche biogeografische Herkunft zulassen.
Minderheiten könnten mit dem Verfahren ja auch entlastet werden, sagte Alois Gmür (Mitte/SZ). Die Phänotypisierung sei zuverlässiger als Zeugenaussagen, die sich im Laufe der Zeit verändern könnten. Dies sagte Jacqueline de Quattro (FDP/VD) namens der Mehrheit der Sik-N.
In den Niederlanden, wo schon länger mit der Phänotypisierung gearbeitet werde, habe die biogeografische Herkunft jeweils eine wichtige Rolle gespielt. Dies berichtete Justizministerin Karin Keller-Sutter. Es handle sich um eine wissenschaftliche Analyse.
Kompetenz für Bundesrat
Eine Minderheit um Léonore Porchet (Grüne/VD) forderte zudem eine abschliessende Liste von Delikten, bei denen die Phänotypisierung erlaubt sein sollte. Sie wollten damit erreichen, dass die Methode lediglich bei schweren Gewaltverbrechen eingesetzt werden darf.
Keller-Sutter entgegnete, dass Kataloge die Gefahr bergen würden, unvollständig zu sein. Phänotypisierung sei bei allen Straftaten zulässig, bei denen eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren drohe. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Sollte es die Technik erlauben, gibt der Nationalrat dem Bundesrat die Kompetenz, Merkmale festzulegen, die aus DNA herausgelesen werden dürfen. Der Nationalrat stellte sich mit 97 zu 88 Stimmen gegen die Sik-N. Sie hätte gewollt, dass das Parlament über eine Ausweitung befindet, mit einer neuen Vorlage.