Nationalrat schränkt Teilnahmerecht für Beschuldigte nicht ein
Geht es nach dem Bundesrat, sollen Beschuldigte an Beweiserhebungen künftig nicht mehr teilnehmen dürfen. Der Nationalrat lehnte den entsprechenden Antrag ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will das Teilnahmerecht von beschuldigten an Einvernahmen einschränken.
- Der Nationalrat lehnte den Antrag auf Empfehlung der Rechtskommission ab.
- Ohne dieses Recht sei ein faires Verfahren nicht mehr gewährleistet, so die Begründung.
Der Nationalrat will bei der Revision der Strafprozessordnung das Teilnahmerecht der Beschuldigten an Einvernahmen nicht einschränken. Er lehnte am Donnerstag den entsprechenden Antrag des Bundesrates ab.
Gemäss Bundesrat hätten Beschuldigte an solchen Beweiserhebungen nicht dabei sein dürfen, bevor sie sich selbst geäussert haben. Gemeint ist etwa die Einvernahme von Zeugen oder Personen, die im gleichen Verfahren beschuldigt sind. Nach geltendem Recht dürfen alle Parteien im Verfahren an allen Beweiserhebungen teilnehmen.
Dabei soll es nach dem Willen des Nationalrates auch bleiben. Er folgte mit 103 zu 85 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Mehrheit seiner Rechtskommission (RK-N). Diese beantragte, das Teilnahmerecht nicht zu beschränken. Im Rat wurden mehrfach Bedenken geäussert, dass ohne dieses Recht für Beschuldigte faire Verfahren nicht möglich seien.
Teilnahmerecht auch in der Rechtskommission umstritten
Justizministerin Karin Keller-Sutter erwiderte, dass mit dem Teilnahmerecht bei Befragungen anwesende Beschuldigte ihre Aussagen sonst aufeinander abstimmen könnten. Der Bundesrat wolle eine massvolle und zurückhaltende Einschränkung und gehe nicht bis zum «Minimum des Zulässigen», welches Strafverfolger gewünscht hätten.
Allerdings war auch in der RK-N umstritten, wie weit das Teilnahmerecht gehen sollte. Eine Minderheit wollte es handhaben wie der Bundesrat. Zwei weitere verlangen noch weiter gehende Einschränkungen. Diese Anträge wurden alle mit deutlichem Mehr abgelehnt.
Der Nationalrat unterbrach die Beratung für die Mittagspause. Es lagen noch rund zwei Dutzend weitere Minderheitsanträge vor, die am Nachmittag behandelt werden sollten. Unter anderem geht es dann um Untersuchungs- und Sicherheitshaft, die Verwendung von DNA-Proben und die sogenannte «justice restaurative».