War die CS-Session für die Katz? Mitnichten. Wenn schon, dann für die Kröten. Ein Kommentar.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Debatten in der CS-Session hatten Unterhaltungswert.
  • Insbesondere der Ständerat tat sich hierbei kreativ hervor. Ein Kommentar.
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Die ausserordentliche Session zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS war eine Nullnummer: Viel Palaver und am Schluss schickt im Nationalrat eine unheilige Allianz aus Links-Grün und SVP die ganzen Credit-Suisse-Kröten den Bach ab. Der Ständerat darf nicht einmal mehr aufmucken.

Cédric Wermuth Credit Suisse
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth kurz nach der Abstimmung im Nationalrat, wo seine Partei mithalf, den Milliarden-Antrag des Bundesrats abzulehnen. - Nau.ch

Das war ja mal wieder für die Galerie, langweilig, zu lange, immer dasselbe, hörte man selbst Parlamentarier reklamieren. Nein, nein, nein, sagt nicht nur die unheilige Allianz, sondern sage auch ich: Es war spannend und unterhaltend, und dies ausgerechnet im sonst eher gesetzten Ständerat. Wenn man gut zugehört hat.

Ist es, weil sie eine Frau ist?

So gab es ausnahmsweise mal viel Einigkeit: Dass nämlich das Finanzdepartement unter der Führung von Bundesrätin Karin Keller-Sutter super Arbeit geleistet habe. Trotz widrigen, um nicht zu sagen unmöglichen, Umständen. Deshalb habe er Mühe, dass Keller-Sutter umgehend zur Zielscheibe von hämischer Kritik geworden sei, beklagte sich Thomas Hefti (FDP).

Karin Keller-Sutter
Bundesratsweibel Joël Seeberger, links, bewacht seine Chefin, Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Mitte, die sich mit FinDel-Präsidentin Ursula Schneider Schüttel unterhält, nach der Debatte im Ständerat vom 12. April 2023. - Keystone

«Hat das vielleicht damit zu tun, dass sie eine Frau und nicht von links ist?», fragte er doch tatsächlich, erwartete aber keine Antwort. Damit ist die Genderdebatte definitiv im Ständerat angekommen. Aufgepasst, gleich ist sie auch wieder vorbei. Sie ist drauf und dran, uncool zu werden, wie alle Trends, die bereits bei alten, weissen Männern angekommen sind.

Zanetti mit Rieder, Fässler mit Zanetti

Einig war sich auch der streitbare Roberto Zanetti (SP) mit Mitte-Ständerat Beat Rieder. Näher ausführen wollte er dies aber nicht: «Man soll in diesem Saal nicht wiederholen, was bereits gesagt worden ist, und es ist wirklich schon fast alles gesagt worden.» Immerhin sagte er dann aber noch irgendwas wegen «Klugscheisser», und das hatte tatsächlich noch niemand gesagt.

SP-Ständerat Roberto Zanetti.
SP-Ständerat Roberto Zanetti. - Keystone

FDP-Präsident Thierry Burkart hielt fest, man könne alles regulieren, ausser Anstand, Vertrauen und Demut. Das hat er unanständigerweise aber von seiner Bundesrätin/Finanzministerin geklaut, die das schon letzte Woche sagte.

Begrüssen Sie die Tatsache, dass der Nationalrat die Finanzgarantien für die Übernahme der Credit Suisse nicht abgesegnet hat?

Daniel Fässler («Die Mitte») wiederum war seinerseits einig mit SPler Zanetti, dass es sich nicht gehöre, Wiederholungen zu machen. Vielleicht sollte man solche ungeschriebenen Regeln mal verschriftlichen? Fässler gab aber zu bedenken: «Wer weiss, vielleicht helfen Wiederholungen doch, und man hört einige Punkte besser, wenn wir sie doppelt, dreifach oder vierfach sagen.» Womit es bald weniger Wiederholungen im Ständerat geben wird, weil das Wiederholungs-«Verbot» wiederholt wurde.

Noch einmal, aber mit Gefühl

Die wiederholt angesprochene Finanzministerin Karin Keller-Sutter wurde gar emotional, oder wie sie es zu formulieren pflegt: «Ich habe Ihrer Debatte verschiedene Gefühle entnommen.» Eine doch eher erstaunliche Aussage. Nicht, weil sie als nüchterne Korrektheit in Person, als «eiserne Lady» gilt. Sondern, weil sie tags darauf das Gegenteil behauptete.

Karin Keller-Sutter Gefühle Ständerat
Entnimmt Gefühle, aber kein «Fühlsch-mi-gschpürsch-mi»: Bundesrätin Karin Keller-Sutter in der Ständerats-Debatte während der ausserordentlichen Session zur Credit Suisse. - Keystone

«Die Finanzdelegation ist keine selbsternannte ‹Fühlsch-mi-gschpürsch-mi-Gruppe›, sondern sie ist eine Delegation aus beiden Räten», hielt KKS fest. Warum auch immer dies ein Widerspruch sein sollte. Aber apropos tags darauf: Da ging es ja erst richtig los, mit Widersprüchen.

Brücken, Kröten, «unter anderem insbesondere»

Wohl anderthalb Stunden bemühte sich der Ständerat, einen für den Nationalrat akzeptablen Kompromiss zu finden. Dabei ging es um so elementare Details wie: Soll es «Diese beinhaltet unter anderem…» heissen oder «Diese prüft unter anderem insbesondere…»? Jedenfalls müsse dem Nationalrat eine Brücke gebaut werden, fand Ständerat Rieder.

Erdkröte Kröte
Eine Erdkröte. - Nau.ch

Das sei zwar eine Kröte, die zu schlucken wäre, aber tant pis, fand Mitte-Vertreter Erich Ettlin. «Wir haben in der letzten Zeit so viele Kröten geschluckt, es gibt bald keine Kröten mehr.» Auf eine mehr oder weniger komme es jetzt auch nicht drauf an.

«Wir müssen keine Kröte schlucken!», reklamierte SVPler Jakob Stark. Er erhielt Unterstützung von Parteikollege Werner Salzmann: «Wenn Sie die Kröte küssen, die Sie nachher schlucken wollen, wird nicht ein Prinz auf der Brücke stehen, die Sie bauen wollen.» Nein, nein, nein, das ist ja kreuzkrötenfalsch.

Die Kröte wird eben nicht geküsst, sondern der Frosch an die Wand geschmissen, sie Klugschmeisser. Auf der Brücke steht kein Prinz, sondern der alte Mann, und dann geht es um die Fluggeschwindigkeit von Schwalben. Afrikanische, europäische, Hauptsache seltsame Vögel mit Migrationshintergrund.

Viel gelernt in nur zwei Tagen

Ein weiterer SVPler, Hannes Germann, empfahl Kollege Rieder statt einer Brücke einen Tunnel. Dabei hat Rieder, als Walliser – in Anlehnung an Mit-Walliser und SVP-Nationalrat Michael Graber – schon als Kind immer Ferien im Tunnel gemacht. Man könnte sagen, im Sinne von Goscinny/Uderzo: Rieder ist schon als Kind in den Tunnel gefallen und kann darum auch nichts dafür, wenn er einen Tunnelblick hat.

Beat Rieder
Der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder. - Keystone

Alles in allem war die ausserordentliche Session also ordentlich lehrreich, wenn auch manchmal unfreiwillig. Nach dem Absturz der CS-Milliarden trotz Brückenbau bleibt als Erkenntnis: Man kann alles regulieren, ausser Anstand und Wermuth. Dem bleibt hinzuzufügen: und Gefühle und Wiederholungen. Aber ich wiederhole mich.

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