Netzsperre zum Schutz der Jugend vor Pornos ist vom Tisch
Das Parlament will nichts wissen von Netzsperren für den Jugendschutz. Stattdessen sollen Eltern beraten werden. Die Piratenpartei kritisiert derweil beides.
Das Wichtigste in Kürze
- Kein Porno für Kinder: Statt Netzsperren will das Parlament Pflichten für Telekomanbieter.
- Für Motionär Nik Gugger (EVP/ZH) ist damit immerhin ein Zwischenziel erreicht.
- Kritik kommt von der Piratenpartei: Es habe zu viele «digitale Analphabeten» im Parlament.
Die Netzsperre als Jugendschutz vor pornografischen Inhalten ist vom Tisch. Wie der Ständerat setzt der Nationalrat auf eine Informationspflicht für Anbieter solcher Seiten. Diese sollen die Erziehungsberechtigten auf mögliche Schutzmassnahmen aufmerksam machen müssen.
Netzsperren: Parlament lernt dazu
Mit dieser Bestimmung änderte der Ständerat bereits im Mai die Motion von Nik Gugger (EVP/ZH) ab. Bereits damals zeigte sich Nik Gugger trotz der Abschwächung zufrieden: «In der Zwischenzeit habe ich auch gelernt, wie einfach Netzsperren umgangen werden können», räumte er damals gegenüber Nau.ch ein.
Auch am heutigen Donnerstag und nach dem definitiven Entscheid ist Gugger zufrieden mit dem Ergebnis – auch wenn er von einem Teilerfolg spricht. «Ich bin dankbar, dass man die Telekomanbieter nun verpflichtet, dass sie den Eltern im Shop zeigen müssen – Betonung auf ‹müssen› – wie man eine Parental-App auf dem Handy installieren kann.» Dann könnten die Eltern frei entscheiden, ob sie eine solche Jugendschutz-App wollen oder nicht.
Die definitive Lösung sähen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit der zukünftigen Einführung einer E-ID, so Gugger. «Doch bis dahin dauert es noch Jahre. Bis dann machen wir jetzt wenigstens etwas und es hat einen kleineren volkswirtschaftlichen Schaden.»
Piratenpartei: «Zum Glück Forderung kastriert»
Keinen Fortschritt sieht hingegen Pascal Fouquet, Spitzenkandidat der Piratenpartei im Kanton Bern: «Eigentlich haben wir mit diesem Entscheid nichts gewonnen. Zum Glück war diese Forderung bereits von der Ständeratskommission kastriert worden.»
Sowohl Fouquet, die vorberatende Kommission und der Bundesrat sind der Ansicht, das Fernmeldegesetz und die dazugehörige Verordnung reichten aus. Der Bundesrat könne bereits Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren, die sich aus der Nutzung der Fernmeldedienste ergeben, erlassen. Insbesondere könne er die Anbieterinnen von Internetzugängen verpflichten, ihre Kundinnen und Kunden über die Möglichkeiten im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes zu beraten.
Zu viele «digitale Analphabeten» im Parlament?
Fouquet schlägt hingegen eine andere Lösung vor. Statt der Netzsperre sollten Anbieter von Pornoseiten verpflichtet werden, eine Zeile im Code einzufügen, die auf Inhalte für Erwachsene hinweist. Ein entsprechendes Jugendschutz-Programm könnte die Internetseiten gezielt nach dieser «Ü18»-Information scannen und sperren. Dies alles geschähe lokal auf dem Gerät des Benutzers, der Datenschutz bliebe so gewährleistet.
Dass aber ursprünglich ein Vorstoss mit einer Netzsperre im Parlament überhaupt eine Chance hatte, zeigt für den Vizepräsidenten der Berner Piraten eine mangelnde digitale Kompetenz auf. «Die Digitalisierung ist so entscheidend für unsere Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass so viele digitale Analphabeten im Parlament sitzen.»