Offizier und Ständerat warnt: Armee ist nicht verteidigungsfähig!
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Armee sei nicht verteidigungsfähig, warnt FDP-Ständerat Josef Dittli.
- Er verlangt vom Bundesrat ein strategisches Konzept für die Verteidigungsfähigkeit.
- Der Berufsoffizier verlangt eine Rückkehr zum Kerngeschäft der Armee: die Verteidigung.
Bei öffentlichen Auftritten stellt Generalinspekteur Carsten Breuer regelmässig eine provokative Frage: «Können wir Krieg?»
Der ranghöchste Armeeangehörige Deutschlands ist längst nicht der einzige, der sich vor dem Hintergrund jüngster geopolitischer Entwicklungen vergleichbare Sorgen macht. Auch die Schweiz beschäftigt sich mit Fragen nach der Verteidigungsfähigkeit der Armee.
Rückbesinnung auf Kerngeschäft
FDP-Ständerat und Berufsoffizier Josef Dittli stellt der Schweizer Armee mit Blick auf deren Verteidigungsbereitschaft ein schlechtes Zeugnis aus. Sie sei schlicht nicht verteidigungsfähig – «die Armee ist heute nur noch auf subsidiäre Einsätze ausgerichtet, nicht auf Verteidigung». Gegenüber «CH Media» fordert der erfahrene Berufsoffizier eine Rückbesinnung auf das sprichwörtliche «Kerngeschäft» der Schweizer Armee: die Verteidigung.
Diese Aussagen lassen aufhorchen – kaum ein Parlamentarier kennt die Schweizer Armee besser als Dittli: 19 Jahre lang diente er als Berufsoffizier, war Kommandant des Urner Gebirgsfüsilierbataillons 87 und des Gebirgsinfanterieregiments 18. Seine militärische Ausbildung absolvierte er an der Militärakademie der ETH Zürich und am «Nato Defense College» in Rom.
FDP-Ständerat Josef Dittli verlangt strategisches Konzept
Der Oberst im Generalstab ist überzeugt: Für den Verteidigungskampf stünden der Schweiz heute gerade einmal zwei mechanisierte Brigaden mit Leopard-Panzern zur Verfügung. Die dritte mechanisierte Brigade verfüge über keine Panzer und erfülle «mehr oder weniger eine Unterstützungsfunktion mit Artillerie, Genie und Aufklärung».
Die 17 Infanteriebataillone wiederum seien allesamt den vier Territorialdivisionen unterstellt. Sie führten lediglich subsidiäre Einsätze durch, erklärt Dittli gegenüber «CH Media»: «Sie bewachen kritische Infrastrukturen und Botschaften, unterstützen die Kantone beim Konferenzschutz, unterstützen das Grenzwachkorps, stehen bei Skirennen an der Piste.»
«Der Gesamtbundesrat muss nun endlich sagen, wie er das Land verteidigen will», fordert Dittli. Er verlangt ein strategisches Konzept für eine verteidigungsfähige Armee. Der Urner schlägt vor, dass die Armee ihre Rolle in der Verteidigung stärkt – mit bestehenden Truppenteilen.
Schwere Divisionen und Kampf mit verbundenen Waffen
Erstens sollten aus den drei mechanisierten Brigaden zwei schwere Divisionen gebildet werden: Dazu müssten einige der 71 eingelagerten Leopard-2-Panzer wieder einsatzbereit gemacht werden.
Zweitens regt Dittli an, vier bis sechs Infanteriebataillone diesen neuen Kampfdivisionen zuzuordnen. «Mit ihnen müsste man den Kampf der verbundenen Waffen trainieren», sagt er. Dittli ist überzeugt, dass die Schweiz auf diese Weise ihre Verteidigungsfähigkeit «relativ rasch und spürbar stärken» könnte.
Mit dieser Umstrukturierung könnte die Armee postwendend anfangen: Schon 2025 könnten Infanteriebataillone Wiederholungskurse im operativen Verbund mit einer mechanisierten Brigade leisten: «Spätestens 2030, wenn die neuen Kampfflieger und das Patriot-System kommen, müsste man eine neue Struktur mit Kampfverbänden haben.»
Schweizer Armee räumt Mängel ein
Tatsächlich räumt Armee-Mediensprecher Stefan Hofer gegenüber «CH Media» ein: «Müssten heute im Fall eines bewaffneten Angriffs gegen die Schweiz mehrere Truppenkörper gleichzeitig aufgeboten werden, würden erhebliche Ausrüstungslücken zutage treten.» Ferner sei die Durchhaltefähigkeit der Armee stark eingeschränkt.
Die Armee habe aber bereits ab 2022 begonnen, ihre Ausbildung stärker auf die Verteidigung auszurichten. Ab 2025 sei überdies geplant, dass Infanterieverbände, bodengestützte Luftverteidigung kurzer Reichweite und Sanitätstruppen mit mechanisierten Verbänden trainieren.
Bereitet Ihnen die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee Sorgen?
Schliesslich plane die Armee die Inbetriebnahme eines neuen Übungsplatzes im Inland, um den Kampf in städtischen Gebieten zu üben. Parallel dazu prüfe die Armee die Möglichkeit bilateraler Rahmenausbildungsabkommen. Auf diese Weise könnte das Gefecht im überbauten Gebiet mit scharfer Munition auf Übungsplätzen im Ausland trainiert werden.