Rettung der Credit Suisse: Auch Politik und Experten haben versagt
Desaster: Die Nationalbank muss der Credit Suisse mit bis zu 50 Milliarden Franken aushelfen. Die Kritik geht aber nicht nur an die Bankmanager. Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Nationalbank muss die Credit Suisse mit bis zu 50 Milliarden Franken stützen.
- Der Schritt wird zwar von allen Seiten begrüsst.
- Worte und Taten daneben werfen aber Fragen auf. Ein Kommentar.
Die Nachricht liess in der angespannten Situation um die Grossbank Credit Suisse viele sowohl aufatmen als auch hyperventilieren. Bis zu 50 Milliarden Franken Credit-Suisse-Kredit spricht die Nationalbank, um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen und den Kollaps der systemrelevanten Bank zu verhindern. Nicht auszudenken, was für einen Schaden der Schweizer Finanzplatz sonst davontragen würde.
50 Milliarden Franken sind viel Geld; das geht schon in die Grössenordnung eines Bundesbudgets. Es ist nicht so viel Geld angesichts der Hunderten von Milliarden, die die SNB verwaltet. So ist man einerseits beruhigt, andererseits besorgt: Wenn es sooo schlimm ist, dass es gleich 50 Milliarden Franken braucht… Die Rettungsaktion wie auch die Reaktionen der Politik werfen allerdings Fragen auf.
Alle Seiten fragwürdig
Zwar ist man sich parteiübergreifend einig: Das war richtig. Von bürgerlicher Seite warnt man aber auch schon, ja nicht mehr zu tun und sicher keine zusätzlichen Regulierungen anstreben zu wollen. Von links wird die Neid-Karte gespielt: Mit 50 Milliarden hätte man den Klimawandel stoppen oder die Krankenkassenprämien senken können.
Im Ausland reisst die abstürzende Credit Suisse Börsenkurse mit und die schafherdengleichen Experten rufen «OMG jetzt hat es auch eine Schweizer Bank erwischt». Alle Seiten agieren fragwürdig, insbesondere aber letztere: Die Talfahrt der CS dauert nun immerhin schon seit anderthalb Jahrzehnten an.
Wer Skandal an Skandal, Fehlinvestition an Fehlinvestition reiht, muss sich nicht wundern. Die sogenannten Experten sollten sich ebenso wenig wundern und eigentlich wissen, dass das nicht das Gleiche ist wie der Untergang der Silicon Valley Bank. Sondern viel mit Vertrauen von Investoren zu tun hat. Wer eine globale Bankenkrise befürchtet, sollte nicht genau dieses Vertrauen noch mit Panikmache weiter schädigen.
Banken sind wie Nichtschwimmer
Doch zurück von den internationalen Lemmingen zu den einheimischen Polit-Tierchen. Zum einen: Es gibt schliesslich Too-big-to-fail-Regeln, die genau solch einen Banken-Untergang verhindern sollten. Man stelle sich vor, das Bundesamt für Auftrieb würde Schwimmwesten zertifizieren, die einem mehr schlecht als recht über Wasser halten. Ein Heidengeschrei von an der Uttigen-Schwelle gekenterten Aareböötler wäre die Folge.
Kommt dann auch der Staat und sagt: «Gut, ihr habt zwar die korrekte Ausrüstung, aber hier habt ihr noch 50 Rettungsringe?» Denn, wenn permanent japsenden Nichtschwimmer vorbeidriften: Nicht auszudenken, was für einen Schaden der Schweizer Tourismusplatz sonst davontragen würde.
Kein Verständnis für arme Schlucker
Zum anderen: Der Vergleich von SNB-Milliarden mit Krankenkassenprämiensenkungen hinkt natürlich. Das weiss auch die SP: Die (bis zu) 50 Milliarden kommen zurück, sind, profan gesagt, eine Investition. Natürlich kann man auch in den Wohlstand der Bevölkerung investieren, aber das ist nicht die Aufgabe der SNB.
Darum formuliert es SP-Co-Präsident Cédric Wermuth auch so: Es wird in der Bevölkerung nicht verstanden, wenn für Banken Geld da ist, für die armen Schlucker aber nicht. Das ist durchaus richtig, aber es wäre genau auch die Aufgabe der Politik, es verständlich zu machen.
Dass ein Kredit nicht eine Subvention, nicht ein Finanzausgleich und nicht ein soziales Korrektiv zur Einheitsprämie ist. Dass die Nationalbank für Preisstabilität, Geldpolitik und ein stabiles Finanzsystem sorgen muss. Für arme Schlucker wäre wohl wenn schon das Bundesamt für Auftrieb zuständig – oder je nach dem auch mitschuldig.