Ronja Jansen will Juso-Chefin werden – das Interview
Ronja Jansen möchte die Nachfolge von Tamara Funiciello an der Juso-Spitze antreten. Im Interview erklärt die Baselbieterin ihre Motivation – und teilt aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Tamara Funiciello tritt als Präsidentin der Jungsozialisten ab.
- Für ihre Nachfolge kandidieren die 24-jährigen Ronja Jansen und Mia Jenni.
- Im Interview erklärt erstere ihre Gründe – und verrät, ob auch sie BHs verbrennen würde.
Nau.ch: Frau Jansen, Sie möchten neue Juso-Chefin werden. Warum wollen Sie sich das antun?
Ronja Jansen: Ich schwankte lange hin und her, denn werde ich gewählt, wird sich mein Leben stark verändern. Aber: Politisches Engagement ist gerade jetzt unglaublich wichtig. Ich will nicht in einer Welt leben, in der Menschen bestraft werden, weil sie auf dem Mittelmeer Leben retten und jene, die unsere Umwelt zerstören und Menschen ausbeuten, mit Profiten in Milliardenhöhe belohnt werden.
Nau.ch: Ihre Vorgänger wurden immer wieder massiv angefeindet. Können Sie damit umgehen?
Ronja Jansen: Ja, ich habe eine dicke Haut. Gerade als Frau und Feministin, die aus der ihr zugewiesenen Rolle in der Gesellschaft ausbricht, ist das heute leider auch nötig. Sexismus ist in der Schweiz noch immer allgegenwärtig. Mit meiner Kandidatur will ich dagegen ankämpfen.
Nau.ch: Sie waren beim Frauenstreik an vorderster Front dabei. Was hat der Tag gebracht?
Ronja Jansen: Sehr viel. Vielen Frauen wurde bewusst, dass sie mutiger sein müssen. Ihre individuellen Erfahrungen erhielten plötzlich eine gesellschaftspolitische Bedeutung. Der Kampf für eine feministische Schweiz ist aber noch lange nicht zu Ende.
Nau.ch: Wie radikal sind Sie diesbezüglich? Sollte eine Frau auch dann bevorzugt werden, wenn ein Mann bessere Qualifikationen aufweist?
Ronja Jansen: Die Frage ist falsch gestellt. Natürlich sollen primär die Fähigkeiten zählen. Aber: Frauen werden anders beurteilt, das ist ein gesellschaftliches Problem. Auch deshalb brauchen wir starke weibliche Vorbilder in wichtigen Positionen in Politik und Wirtschaft.
Nau.ch: Wer sind denn Ihre Vorbilder?
Ronja Jansen: Ich möchte meinen eigenen Weg gehen und niemanden zu kopieren versuchen. Aber es gibt Frauen, die mich geprägt haben, unter anderem Tamara Funiciello und Nationalrätin Samira Marti.
Nau.ch: Funiciello fiel immer wieder mit Provokationen auf, um auf Themen aufmerksam zu machen. Käme es für Sie in Frage, BHs zu verbrennen, wie sie es getan hat?
Ronja Jansen: Das weiss ich noch nicht. Das kommt auf die politische Forderung an, denn Provokation läuft ins Leere, wenn kein ernsthaftes Thema dahintersteckt. Aber ich würde als Juso-Präsidentin sicher dort draufdrücken, wo es wehtut. Und wenn jemand ein Arschloch ist, werde ich das auch genauso sagen.
Nau.ch: Sie sind Wirtschafts- und Soziologiestudentin, arbeiten Teilzeit auf dem GSoA-Sekretariat. Damit erfüllen Sie jedes Klischees der Jungpolitikerin, welche die Arbeitswelt kaum kennt.
Ronja Jansen: Ach, diese alte Leier kann ich nicht mehr hören. Nur weil ich nicht auf einer Baustelle arbeite, kann ich mich doch trotzdem für die Arbeiter einsetzen! Es ist eine billige Masche, um jungen Menschen den Mund zu verbieten.
Nau.ch: Die Armee wollen Sie als GSoA-Mitarbeiterin abschaffen. Unser Wirtschaftssystem, den Kapitalismus, auch?
Ronja Jansen: Ja, natürlich. Das reichste Prozent bereichert sich immer mehr auf Kosten der Allgemeinheit. Wir müssen die Verteilungsgerechtigkeit verbinden mit einer nachhaltigen, feministischen Wirtschaft. Deshalb nehme ich auch an den Klimastreiks teil, wenn ich Zeit dazu habe.
Nau.ch: Sie waren in den letzten Monaten gleich zweimal in der «Arena». Damit sind Sie haushohe Favoritin auf das Amt.
Ronja Jansen: Nein, das glaube ich nicht. Wahlen in der Juso sind extrem dynamisch. Mia Jenni und ich kennen uns schon lange und verstehen uns gut. Wir werden nun in den nächsten Wochen die Sektionen besuchen und ihnen unser Programm erläutern. Überhaupt ist es toll, dass wir zwei meines Erachtens sehr fähige Kandidatinnen stellen können.